Der Schatten der amerikanischen Gesellschaft

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imperatorwilma Avatar

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Thomas J. Newton taucht scheinbar aus dem nichts in Kentucky auf. Schon bald beginnt der Mann, den niemanden kennt, durch den Verkauf von neuartigen, zuvor nie dagewesenen Technologien Massen an Geld zu verdienen. Dabei zeiht er zwei Personen magisch in seinen Bann: die Alkoholikerin Betty Joe, die rasch Gefühle für den mysteriösen Fremden entwickelt, und den Chemiker Nathan Bryce, der viel mehr an den Hintergründen hinter den neuen wissenschaftlichen Produkten interessiert ist.

Walter Tevis scheint ja die literarische Wiederentdeckung des letzten Jahres zu sein. Dementsprechend war ich sehr gespannt auf das Buch. Und seinem Ruf als begnadeter Literat wird er mit seiner poetischen und einnehmenden Sprache durchaus gerecht. Dementsprechend war es für mich beim Lesen ein wahrer Genuss, vor allem, da der Autor immer wieder gesellschafts- und politisch relevante Aspekte und Kritikpunkte an der amerikanischen Gesellschaft mit einfließen lässt, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben, was im Hinblick darauf, dass die Originalfassung des Buches bereits in den 60ern erschien, wirklich beeindruckend ist. Dennoch war ich nach den ersten siebzig Seiten des Buches vom bisherigen Fortgang der Geschichte ein wenig enttäuscht. Zwar zog es sich nicht, allerdings empfand ich es so, dass das Potential der Geschichte nicht vollends ausgeschöpft wurde. Zu viele und zu große Sprünge in die Zukunft, aus denen man durchaus noch verwertbares, solides Material herausholen konnte. Allerdings verbesserte sich das mit dem Fortlauf der Geschichte immer weiter, der Plot wurde engmaschiger und für mich besser nachvollziehbarer und nahbarer. Das letzte Drittel machte dann alles hervorgegangene Wett. Hier findet sich ein wirklich solide ausgearbeiteter und vor allem überraschender Spannungsbogen.

Auch auf Ebene der Charaktergestaltung war ich vorerst ein wenig enttäuscht, hatte mir mehr erhofft. Denn sowohl Newton, Bryce als auch Betty blieben mit anfangs sehr unnahbar und kalt. Bei Betty änderte sich dies im restlichen Buch nicht, sie ist für mich rückblickend weniger, als der Klappentext verspricht, auch wenn sie zweifelsfrei vielschichtig gestaltet ist und vor allem einen wichtigen, gerne vergessenen Aspekt der amerikanischen Leistungsgesellschaft widerspiegelt. Mit Newton und vor allem Bryce wurde ich bis zum Ende der Geschichte aber durchaus warm, auch wenn bei ihnen weiterhin Luft nach oben besteht.

Insgesamt ein durchaus gutes Buch, auch wenn in Sachen Plot und Protagonisten der Anfangt noch sehr tapsig wirkt.