Interessanter Ansatz, der aufgrund der Länge des Buches schnell verpufft

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"Der Mann, der vom Himmel fiel" oder eigentlich "Das androgyne antheanische Wesen, das ganz bewusst und geplant auf die Erde kommt" ist ein weiterer Roman des bereits verstorbenen Autoren Walter Tevis, der hier zu Lande durch die Verfilmung seines Romans "Das Damengambit" Aufmerksamkeit auf sein Werk generieren konnte.
Zeichnet sich allerdings das Damengambit durch ein großes Charakterisierungstalent aus, so ist hier, vermutlich aufgrund der Kürze der Geschichte, sehr viel weniger davon zu spüren.

Die Menschheit durch die Augen anderer Wesen, seien es irdische oder solche, denen die Erde fremd ist, gespiegelt zu sehen, bietet immer viel Potenzial für spannende philosophische und durchaus kritische Ansätze, aber ebenso wertschätzende Perspektiven. Kein unbeliebtes Motiv in der Literatur, vor allem in der Science Fiction. Die Herangehensweisen sind so vielfältig wie die Aussagen selbst; ob humorvoll, offen kritisch und dramatisch oder ja, auch durchaus kitschig, wenn der Wert des Menschen an der Fähigkeit zu lieben bemessen wird.

Wo reiht sich nun Tevis 1963 erschiener Roman ein? Für mich wurde die Geschichte durchzogen von einer ständig aufkochenden Melancholie, die sich auch in der Aussage gut widerspiegelt.
Denn Thomas Jerome Newton, das antheanische Wesen (denn obwohl er große Ähnlichkeiten mit einem Menschen hat, ist er in seiner Physiologie und seiner Intelligenz den Menschen zum größten Teil um einiges überlegen, was ihm auch durchaus bewusst ist), kommt mit einer Mission auf die Erde, mit hoffnungsvollem Blick. Doch diese Einstellung bröckelt immer weiter, je länger er zwischen den Menschen lebt. Und obwohl er alle menschlichen "Schwächen" wie Begehren und Impulsivität oder einfach eine ausgeprägte Emotionalität an sich im Grunde nicht hat, deprimiert ihn die Situation derart, dass er dem Alkohol verfällt (hier eine Parallele zum Damengambit).

Und auch wenn unsere Hauptfigur sich irgendwann mit Blick auf die Menschheit eingestehen muss "die Tiere ringsum, die ihre eigene Umwelt verschmutzten und ihren eigenen Mist fraßen, letzten Endes glücklicher und weiser waren als er." (S. 133), gelingt es ihm nie, dieses vermeintliche Glück selber zu erfahren.

Letztendlich geht es also um jemanden, der zutiefst einsam und unverstanden in einer Gesellschaft lebt, in der er für sich genommen nicht akzeptiert wird. In der er nur überleben kann, indem er brilliert und außerordentliche Dinge tut, die zu außerordentlichem Reichtum führen, welcher ihm Macht verleiht und ihn über die Menschen stellt, sodass sie ihn nicht angreifen können.

Für ein anspruchsvolles Science-Fiction Buch reicht dies aber, aus meiner Sicht, heutzutage nicht mehr aus, um einen Wiedererkennungswert zu haben. Und für eine Charakter- oder Gesellschaftsstudie fehlt es vielleicht an Umfang. Im zeitlichen Kontext betrachtet mag der Roman wichtig gewesen sein, aber aus heutiger Perspektive kann ich darin leider wenig erhellendes finden.