Als man in der Bronx noch Kirschen pflücken konnte

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mammutkeks Avatar

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Kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende, im Jahr 1897, geschieht in New York der "Mord des Jahrhunderts", der "Fall Guldensuppe". Zu einer Zeit, in der man, wenn man den offenscheinlich intensiven Recherchen von Paul Collins glauben kann, in der Bronx noch Kirschen pflücken konnte. Denn bei eben diesem Freizeitvergnügen wird der zweite Teil der zerstückelten Leiche eines muskulösen jungen Mannes gefunden. Und damit wird auch die Polizei auf den Fall aufmerksam, hat sie doch den Fund des Oberkörpers ohne Kopf noch als makabren Scherz von Medizinstudenten abgetan, die eines ihrer Probeobjekte auf diese Weise entsorgt haben sollten.

Doch Collins präsentiert nicht nur diesen historischen Kriminalfall, sondern gleich auch noch die Geschichte der beiden frühen Mogule des New Yorker Pressewesens, Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst, sowie der vielfältigen Zeitungslandschaft in dieser Zeit. Ohne Autos, ohne TV und weitgehend ohne Telefon, waren die Reporter auf ihre Intuition und ihre Fähigkeiten, Fahrrad zu fahren, angewiesen, um die Schlagzeile des Tages zu bekommen. Da wird so manches auch nicht unbedingt hinterfragt - genau wie es heute in so manchem Druckwerk noch immer der Fall ist ...

Eine außergewöhnlich lange Leseprobe, die mich trotzdem unbefriedigt zurückgelassen hat, muss ich doch bis zur Erscheinung auf die Fortsetzung der Geschichte warten, die mich absolut in ihren Bann gezogen hat. Nicht nur aufgrund der historischen Ansätze, sondern weil mir auch Sprache und Aufbau äußerst gut gefallen haben, mitsamt der Abschweifungen. Und die Verbindung von Kriminalfall mit einem wichtigen Stück Pressegeschichte, mit der Geschichte New Yorks, ist für mich absolut interessant.