Trostlosigkeit und Konkurrenzkampf

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clara_fall Avatar

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New York im Juni 1897 - eine Hitzewelle überrollt die Stadt. Gerade befürchtet die Presse, nichts als die Hitze zur Schlagzeile machen zu können, da wird  von vier spielenden Jungen ein Torso gefunden, verschnürt in Wachstuch. Kurz darauf findet Edgar, der jüngere Sohn des Mechanikers Julius Meyer, ein weiteres Bündel. Dieses Mal ist es der Unterleib, haargenau passend zum Torso. Polizei und Leichenschauhaus sind sich anfangs einig, dass es sich wieder einmal um einen der "berühmten Scherze" irgendwelcher Medizinstudenten handelt. Doch schon bald wittern die Pressehäuser der Stadt ein großes Fressen und beschießen ihre Leser mit den wagemutigsten Vermutungen: ein Zimmermann, ein Metzger, ein Mafiamord, ein Mord unter Seeleuten........ Schon bald werden zahllose Presseleute in eine gnadenlose Jagd nach Erklärungen geschickt.

Der Autor schildert auf sehr glaubhafte Art und Weise das New York  des 19.Jahrhunderts. Viele Bilder tauchen vor dem geistigen Auge auf, Gerüche ziehen vorüber, man hört das Stimmengewirr in den Straßen, das Geschrei in den Pressebüros. Nur manchmal verlieren sich die Schilderungen in endlose, banale Aneinanderreihungen von Informationen, die eigentlich niemand braucht. Möchte er hier ein Gefühl für die endlose Wortschlacht der damaligen (und heutigen) Presse erzeugen?

Auch die Aufmachung des Buches bringt eine gewisse Altertümlichkeit mit: das Cover strömt den Flair dieser Zeit aus, es beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, einer alten Suchanzeige und einem profanen Leichenschaubildes, ist in Kapitel mit Überschriften eingeteilt - alles Indizien der damaligen Zeit, denn ein neuzeitliches Buch ist in der Regel anders aufgebaut. Sicher ein Leckerbissen für alle Liebhaber des historischen Krimis. Noch bin ich skeptisch, ob es tatsächlich Spannung mit sich bringt und der Leser tatsächlich die Chance hat, eigene Aufklärung zu betreiben oder hier nur der erbitterte Kampf neiderfüllter, geldgieriger Pressemogule geschildert wird.