Interessant, aber eher ein Sachbuch als ein Kriminalroman

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**Inhaltsangabe** :

 

Im Sommer 1897 fischen vier Jungen ein Paket aus dem East River. Der Inhalt ist grausig: ein männlicher Oberkörper mit Armen. Die Polizei denkt zunächst an einen Streich von Medizinstudenten, doch die Obduktion bringt heraus, dass der Mann Opfer eines Mordes war. Weitere Körperteile tauchen auf, doch die Polizei bringt das alles nicht weiter. Inzwischen haben sich alle Zeitungen auf den „Fall mit der kopflosen Leiche“ gestürzt, was die polizeilichen Ermittlungen eher behindert als weiterbringt, denn die beiden mächtigen Herausgeber Hearst und Pulitzer tragen mit diesem Fall ihren eigenen Konkurrenzkampf aus. Die Berichte in der Worl und im Journal überschlagen sich und je wilder die Spekulationen ausfallen, desto besser. Die Identifikation des Toten und die ersten Verhaftungen fachen den „Zeitungskrieg“ weiter an ...

 

**Der erste Satz** :

 

„Es war ein schlechter Nachmittag für gute Schlagzeilen.“

 

**Meine Meinung zum Buch** :

 

Das Buch erzählt die wahre Geschichte um den „Fall Guldensuppe“ und den in diesem Zusammenhang ausgebrochenen Zeitungskrieg zwischen den beiden Herausgebern Hearst und Pulitzer.

 

Ich hatte die meiste Zeit beim Lesen das Gefühl, ein Sachbuch zu lesen. Der Autor baut die Geschichte wie eine Reportage auf, was leider verhindert, dass man einen Bezug zu den Personen bekommt und eher von der Fülle an Fakten erschlagen wird. Über die beteiligten Personen bzw. Näheres über ihre Vergangenheit hat man eher wenig erfahren, ebenso blieben mir ihre Motive meistens verborgen. Aber sehr gut hat der Autor die Hysterie beschrieben, die in dieser Zeit herrschte und die von den konkurrierenden Zeitungen immer weiter angefacht wurde.

 

Interessant war auch, etwas über die Polizeiarbeit zum Ende des 19. Jahrhunderts zu erfahren, das ist schon eine andere Sache als heute. Überrascht war ich über die Öffentlichkeit, in der das alles ablief – Journalisten schienen überall und immer Zugang zu haben.

 

Der sachliche, reportagenhafte Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, wenn er auch manchmal etwas anstrengend zu lesen war. Der Autor hält sich mit einer eigenen Meinung und Interpretation völlig zurück und überlässt es dem Leser, sich eine eigene Meinung zur Schuld oder Unschuld der Beteiligten zu bilden. Manchmal wurde mir die akribische Faktensammlung und –beschreibung allerdings recht langweilig, hier hätte ich mir mehr Erzählung als Aufzählung gewünscht. Außerdem schweift der Autor manchmal etwas weit vom eigentlichen Fall ab, was es mir schwer machte, den roten Faden zu behalten.

 

Der Autor baut den Inhalt systematisch auf: Er beginnt mit dem Opfer, geht dann zu den Verdächtigen über und weiter zu der Anklage, dem Prozess und dem Urteil. Eine sehr umfangreiche Quellenangabe und Anhänge vervollständigen das Bild. Ich ziehe den Hut vor dieser Recherchearbeit. Wer sich für die Entwicklung des Boulevardjournalismus bzw. der Medienlandschaft interessiert, für den ist das Buch sicher eine wertvolle Fundgrube.

 

Ich muss ausnahmsweise auch einmal noch etwas über die Aufmachung des Buches sagen: Es sind immer wieder Original-Zeitungsausschnitte und Schlagzeilen abgebildet, was das Lesen schön auflockert. Und wenn man den Schutzumschlag weg macht, sieht man, dass auf dem Buch selbst eine ganze Menge von Zeitungsartikeln und Schlagzeilen abgedruckt sind – für mich sieht das Buch ohne den Schutzumschlag fast besser aus.

 

Viele Grüße von Annabas ![](http://www.vorablesen.de/modules/fckeditor/fckeditor/editor/images/smiley/msn/regular_smile.gif)