Zeitgeschichte hervorragend erzählt!

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hiclaire Avatar

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Mein Fazit gleich zu Beginn ;-) - dieses Buch um den Fall "Guldensuppe" bot wirklich ein hochinteressantes und rundum befriedigendes Leseerlebnis.

Gleich von Beginn an wird man hinein gesogen in die pulsierende Atmosphäre New Yorks zum Ende des 19. Jahrhunderts. Überall spürt man den Aufbruch in ein neues Jahrhundert und vor dieser atemberaubenden Kulisse entfaltet der Autor ein bizarres Szenario um einen ungewöhnlichen Mord. Die Zustände im Leichenschauhaus, der makabre Ruf der Medizinstudenten sowie die Vorgehensweise der Polizei lassen einem die Haare zu Berge stehen, ebenso wie die dreiste, unverhüllte Sensationsgier der Menschen.

Es hat mich fasziniert, die Geburtsstunde der so genannten „Yellow Press“ mitzuerleben, die Schlachten von Pulitzer und Hearst um Auflagenstärke und Lesergunst zu verfolgen. Unglaublich die sich jagenden spekulativen Schlagzeilen der konkurrierenden Blätter, manipulativ, atemlos und oft noch grotesker als der Fall selbst. Ein besonderes Highlight bietet der haarsträubende Prozessverlauf, der nicht nur beim Publikum im Gerichtssaal zu Heiterkeitsausbrüchen führte \*g\*. Was für ein Spektakel, von Ehrwürdigkeit des Gerichtes keine Spur!

Einfach genial wie hier umfassende zeitgeschichtliche Informationen und Lokalkolorit mit dem Kriminalfall gemixt werden, spannend und temporeich erzählt. 
Auch sprachlich ist das Buch ein Genuss! Der Erzählstil knapp und prägnant, eigentlich sehr sachlich, aber gleichzeitig auch makaber und schwarzhumorig, stellenweise voller Ironie und unglaublich trockenem Humor, kurz gesagt – brillant! Es liest sich flüssig, fordert jedoch aufgrund des umfangreichen Informationsgehaltes die volle Aufmerksamkeit des Lesers.

Ich wage einfach mal zu behaupten, hier wird nur enttäuscht werden, wer eine treibende Handlung und Identifikation mit den Protagonisten als unabdingbar erachtet.