Eine emotionale und mitreißende Mutter-Tochter-Geschichte

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„Der Morgen nach dem Regen“ von Melanie Levensohn.

Johanna erbt nach dem Tod ihrer Tante Toni das Haus am Rhein, in dem sie viele Kindheitstage verbrachte. Hier will sie etwas zur Ruhe kommen nach einem turbulenten Berufsleben bei den Vereinten Nationen in verschiedenen Krisengebieten. Ihre Tochter Elsa ist inzwischen Strafverteidigerin am Gerichtshof in Den Haag und steht nach einem plötzlichen Burn out vor der Frage, wie es für sie weitergeht. Im Haus von Toni treffen Mutter und Tochter aufeinander, zwischen ihnen viel emotionale Distanz, Vorwürfe und Entfremdung, die nur schwer zu überbrücken ist. Kann die Vergangenheit überwunden werden?

Melanie Levensohn arbeitete selbst jahrelang in internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation und der Weltbank. Diese persönlichen Einflüsse sind im Roman spürbar, der einen Einblick in eine berufliche Laufbahn gibt, die alles andere als leicht ist und eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben fast unmöglich macht.

Johanna pendelt zwischen New York und ihrer Familie und den Kriegsgebieten und ihrer persönlichen Berufung. Dabei verpasst sie regelmäßig wichtige Meilensteine ihrer Tochter Elsa, die sich mit den Jahren so von ihr distanziert, dass sie kaum noch eine gemeinsame Basis haben.
Elsa währenddessen leidet als Erwachsene unter Überlastung und der unruhigen Kindheit. Sie hat sich selbst einen ähnlich intensiven Job ausgesucht, will stark und erfolgreich sein und ignoriert alle Warnzeichen ihres Körpers.
Auf dem neutralen Boden des gemeinsamen Familienhauses am Rhein wird die Vergangenheit plötzlich wieder lebendig und lässt die beiden Frauen aufeinanderprallen mit all ihren Emotionen und Erinnerungen. Das wird sehr intensiv und schmerzhaft und zeigt auf, wie kompliziert Mutter-Tochter-Beziehungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein können.
Die Einblicke in ein solches Berufsbild fand ich sehr interessant zu lesen, das ständige Pendeln zwischen Extremen und das Unvermögen, dazwischen für wenige Wochen im ruhigen Alltag und der Normalität anzukommen. Johannas und Elsas Perspektiven waren beide sehr nachvollziehbar und haben die aufwühlenden Diskussionen fühlbar gemacht.

„Der Morgen nach dem Regen“ ist eine emotionale und mitreißende Mutter-Tochter-Geschichte aber auch eine von beruflicher Erfüllung und den eigenen Wünschen, die im Kontext einer Familie nicht immer leicht zu balancieren sind. Melanie Levensohn erzählt auf intensive Weise davon, wonach wir uns sehen und was wir bereit sind für unsere Träume zu opfern.