Komplexe internationale Familiengeschichte

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"Der Morgen nach dem Regen" startet mit Kontrasten: einem Haus am deutschesten der deutschen Flüsse, dem Rhein, mit Blick auf die Loreley, geerbt von Johanna, die um des Hauses Willen ihre Wahlheimat New York verlässt. Es ist ein Haus, in dem einerseits die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, andererseits aber ein Haus, das bei Johannas Erinnerungen an die Zeit mit ihrer Tante wachruft. Nach dem Tod von Toni hat Johanna das Haus geerbt und ihren Job bei den Vereinten Nationen dafür an den Nagel gehängt; dass ihre Tochter Elsa inzwischen in den Niederlanden wohnt und am Internationalen Gerichtshof arbeitet, macht die Entscheidung noch etwas leichter.
Gleichwohl ist die Mutter-Tochter-BEziehung zerrüttet, Johannas Ehe mit Ralph längst geschieden. Viel zu oft hat sie im Namen der Weltrettung ihre Familie für mehrere Monate in Richtung Krisengebiet verlassen und viel zu oft ist sie verstört und zunehmend mitgenommen daraus zurückgekehrt. Mit dem Haus, das Toni ihr überlassen hat, kommt die Aufgabe, Fehler wieder gutzumachen, Dinge auszusprechen und sich vor allem Elsa wieder anzunähern.
Die wichtigen Fragen von Heimat, Familie und Zugehörigkeit, weiblichen Karrieren, ungestillten Sehnsüchten und Selbstverwirklichung werden in "Der Morgen nach dem Regen" adressiert. In Kapiteln, die entweder aus der Sicht Johannas oder Elsas gecshrieben sind, wird teils zurückblickend ihre gemeinsame Geschichte und das, was zu dem tiefen Bruch mit der Familie geführt hat, beschrieben. Es ist irritierend, dass es der Autorin nicht gelingt, für Elsa und Johanna je einen eigenen Ton zu finden; die Kapitel klingen immer gleich. Sprachlich ist das Buch somit wenig außergewöhnlich, informiert sind aber die Beschreibungen der Krisenländer und der Arbeit bei den Vereinten Nationen. Insgesamt ist "Der Morgen nach dem Regen" gut lesbare gehobene Unterhaltung, aber sicher nicht viel mehr.