Aus der klassischen Küche

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silke porath Avatar

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Man nehme: eine Kommissarin. Einen Zug, 196 Passagiere und einen Schneesturm. Das Ganze garniere man mit einem Unfall, einem toten Lokführer und undurchdinglichem Schneegsetöber. Nun füge man einen weiteren Mord hinzu, lasse diesen von der zunächst unwilligen Kommissarin in der Abgeschiedenheit der norwegischen Berge aufklären und würze das Ganze mit treffenden Charakterstudien. Fertig ist der neue Roman von Anne Holt.

Stimmt. Das Rezept für diesen Krimi ist scheinbar einfach: wer war es? Spannend wird die Geschichte für mich vor allem dadurch, dass der Handlungsort an ein Kammertheaterstück erinnert. Die Figuren des Romans bewegen sich fast ausschließlich in einem Hotel in Finse (das übrigens wirklich existiert, eine Reise wäre es wert, aber bitte nicht bei Schneesturm!). Die Kommissarin, nach einem Schußwechsel an den Rolllstuhl gefesselt, wird zur tragenden Figur, mit ausreichend Tragik (ihrer Vorgeschichte wegen) und mit jeder Menge Ecken und Kanten.

Leider haben die Lektoren einige kleine Schnitzer übersehen (so werden Namen verwechselt, das norwegische "Du" wird manchmal zum "Sie". Alles in allem tut das der Geschichte aber keinen großen Abbruch (und es gibt sicher eine zweite Auflage ohne diese Fehlerchen...)

Ich selbst habe einen gewaltigen Fehler gemacht beim Lesen: ich saß auf der sonnendurchfluteten Terrasse. Allen, die den neuen Krimi von Anne Holt noch nicht kennen empfehle ich, bis zum Winter zu warten. Dann wird die Athmosphäre der wegen des Schneesturms eingeschlossenen Menschen sicher noch deutlicher nachfühlbar.

Mein Fazit: ein klassisches Rezept, eine ausgezeichnete Charakterstudie - für Krimifans ein wohltuend anderes Buch.