Natur und Mensch

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francienolan Avatar

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„Und in einer stillen Sommernacht draußen auf den Feldern, wo der Himmel ein umgedrehter Spiegel ist und die jungen Pflanzen ganze Orchester von Geschöpfen bergen, die auf die alles umfassende Unterweisung des Mondes warten, erhebt sich ein leichter Wind, der ein Meer von Platinnadeln zum Flimmern bringt, und seltsame Dinge geschehen.“

Das ist der poetische Auftakt zu zehn geheimen Nächten, zehn Kornkreisen, die in jeder Nacht perfekter werden, und die Lösung des Rätsels, wer diese nun wirklich erschafft. Nach jeder Nacht erleben wir außerdem die manchmal erstaunliche Berichterstattung zu den Geschehnissen.

Es ist überdies die Geschichte einer eher ungewöhnlichen Freundschaft, von zwei eher „schrägen Gesellen“, die vom Leben äußerst unperfekt behandelt wurden und eigentlich Versehrte sind, die einen Lebensinhalt suchen, den ihnen die Gesellschaft nicht bieten kann.
Und eine Geschichte von der versehrten Erde, voller Symbolik zum Gegensatz zwischen schöner Natur und schwierigem Mensch – man kann sie ungestraft in verschiedener Weise lesen, am Ende ist es auch noch eine Art Klima-Roman.

Und natürlich schafft Myers, genau wie in seinem Vorgänger „Offene See“, Nacht und Natur lebendig zu machen, alles „was da kreucht und fleucht“ so detailreich und mitunter „zauberhaft“ zu schildern, dass man es nicht nur deutlich vor Augen hat, sondern regelrecht fühlt, riecht und schmeckt!

Das ist es auch, neben der interessanten Grundidee, was mir erneut ein gutes Leseerlebnis bescherte. Alles andere, vor allem die Charaktere, blieben dagegen doch zu blass, zu ungenau, nur angedeutet und am Ende auch zu repetitiv.

Klar, es ist eine ruhige Geschichte, die Protagonisten, ein traumatisierter Ex-Soldat und ein alternder Punk, sind ohnehin nicht jedermanns Ding – aber das war genau nicht mein Problem!
Ich hätte einfach doch gerne noch mehr von Beiden erfahren, und auch den Sinn des Ganzen muss ich mehr raten, als dass er sich durch die Entwicklung der Handlung wirklich erschließt. Ich finde, da wurde Potenzial verschenkt!
Es kann aber auch sein, dass die Lebensweisheiten, die die Beiden austauschen, bei anderen Lesern Gefallen finden, mir waren sie etwas zu flach und kalenderspruchartig, die Gespräche auch mitunter etwas zu konstruiert. So wirklich aus Fleisch und Blut wollten die Figuren bei mir nicht werden.


Fazit: Ein ruhiges, stellenweise poetisches wie verrücktes Buch, dass trotz meiner Kritik Lesevergnügen bringen kann – gelangweilt habe ich mich trotz allem wirklich nicht. Ich empfehle unbedingt Bilder von Kornkreisen zu googeln, dann kann man die Faszination auch gut nachvollziehen. Deshalb gute 3,5 Sterne von mir - wer die Natur mag, sollte unbedingt einmal Myers lesen.