Poetische Liebeserklärung an die Natur

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Benjamin Myers hat mich mit seinem Roman „Offene See“ bereits so begeistern können, dass ich erfreut war, zu sehen, dass es mit „Der perfekte Kreis“ (Dumont-Verlag, Übersetzung: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, die bereits bei „Offene See“ großartige Arbeit geleistet haben!) ein neues Buch von ihm gibt. Mein Dank geht an dieser Stelle an das Team von vorablesen und den Dumont-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Redbone und Calvert sind zwei Freunde, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Aber das ist ja – zumeist – eine gute Basis für eine Freundschaft. Denn bei allen Unterschieden gibt es natürlich auch Gemeinsamkeiten; so ihre Liebe zur Natur, zur Freiheit – und zur Erschaffung von Kornkreisen. Sie wollen den „perfekten Kreis“ gestalten, obwohl Myers seinen Protagonisten Redbone sagen lässt:

„Den perfekten Kreis. Den könnten wir niemals hinbekommen. Er existiert nicht. Ehrlich gesagt, ich glaube, nichts was von Menschen gemacht wird, kann je perfekt sein.“ (S. 107)

Trotzdem verfolgen die Freunde ihr Ziel – unter strenger Einhaltung eines selbstauferlegten Kodex, der ihren Respekt und die Liebe zur Natur unterstreicht. Denn auch wenn es vordergründig um die Kornkreise und die Freundschaft der beiden Männer geht: Benjamin Myers macht aufmerksam – auf Missstände im Naturschutz (Stichwort Monokultur), auf Englands Kolonisierungswahn

„Wir haben kolonisiert und geplündert, und dann, wenn wir unschuldige Menschen abgeschlachtet und ihrer Schätze beraubt hatten, sind wir mit Reichtümern heimgekehrt. […] Das Meer ist eine Grenze, eine Begrenzung, und da wir auf einer Insel leben, bilden wir uns ein, wir wären etwas Besonderes. Aber das sind wir nicht. Wir haben bloß Angst, mehr nicht. Wir haben Angst vor der Welt. Und das erzeugt Arroganz und Ignoranz, und Ignoranz ist der Tod des Anstands.“ (S. 67)

und amüsiert sich über die Menschen, die bedingungslos an UFOs und Außerirdische glauben

„Die Menschen wollen einfach an etwas Größeres als das hier glauben. Etwas Jenseitiges. Das lenkt sie von dem banalen Alltag ihres kleinen Lebens ab. Kann man verstehen.“ (S. 79)

Während England und die Welt (im Text sind einige (fiktive) Zeitungsartikel abgedruckt) im heißen Sommer 1989 rätselt, woher die geheimnisvollen Kornkreise stammen, die von Woche zu Woche immer aufwendiger werden, arbeiten Redbone und Calvert an ihrem Meisterwerk – der „Honigwabe-Doppelhelix“. Ob die beiden es schaffen – nun, das verrate ich an dieser Stelle nicht *g*.

Trotz der wunderbar poetischen Sprache, der Liebe zur Natur, die sich in vielen Formulierungen findet, den Landschaftsbeschreibungen, die Lust auf einen Besuch in England machen, hat mir „Der perfekte Kreis“ nicht ganz so gut gefallen wie „Offene See“. Vielleicht sind mir Redbone und Calvert nicht nah genug gekommen – so genau kann ich es gar nicht sagen, was mir an dem Roman fehlt, dass ich dieses Mal nicht die Höchstnote zücke. Aber eines ist gewiss: Benjamin Myers ist mit „Der perfekte Kreis“ verdammt nah am perfekten Roman (obwohl es den wahrscheinlich auch nicht gibt – ebenso wie den perfekten Kreis *g*).

4 (mit Hochglanz) polierte Sterne!

©kingofmusic