Die fabelhafte Welt des Postboten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
kindder80er Avatar

Von

1969 tickte die Welt noch anders. Besonders in dem verschlafenen Nest in Süditalien. Briefe waren Hauptkommunikationsmittel - von Mails, WhatsApp-Gruppen und SMS konnte noch lange keine Rede sein. Da war ein Postbote quasi noch das Bindeglied zur Außenwelt.

Charmant wird der namenlose Postbote von Girifalco eingeführt: Ein einsamer Einzelgänger mit einem leidenschaftlichen Hang zu Liebesbriefen. Vom Postgeheimnis scheint er allerdings noch nichts gehört zu haben, denn er öffnet die Briefe mit einer gewissen Professionalität und schreibt sie sogar ab, denn er kann jede Handschrift imitieren. Irgendwie kann man ihm aber nicht böse sein. Er macht das, um am Leben teilzuhaben, stiller oder weniger stiller Mitwisser zu sein. Er greift in die Schicksale anderer Leute ein, schafft es aber nicht, seinen eigenen Liebesbrief, den er vor Jahren angefangen hat, fertig zu schreiben, geschweige denn abzuschicken. So ein bisschen wie in "Die fabelhafte Welt der Amelie". Als er einen Liebesbrief in die Finger bekommt, dessen Schrift seiner eigenen ähnelt und der Verfasser auch noch dieselben Worte benutzt, ist er verwirrt.

Mir hat das Buch gut gefallen und der Autor schafft es, dass ich fast ganz im vergangenen Italien hängengeblieben bin, obwohl ich selbstverständlich nie da war. Schöner, altmodischer Roman, der dennoch zeitlos ist und den ich mir wunderbar verfilmt vorstellen kann.

Einzig und allein die vielen Namen und Geschichten verwirren im Laufe des Buches. Das Personenregister hilft dabei etwas, aber etwas weniger hätte dem Buch dennoch gut getan, denn so wirkt es etwas überladen.