Ein Postbote dreht ein bisschen am Schicksal, auf gute Art

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
bigz Avatar

Von

Girifalco ist ein kleines Dorf in Kalabrien, in Italiens Süden. Hier verläuft das Leben ruhig und weitgehend harmonisch. Aber natürlich haben auch die Menschen, die hier leben, ihr Päckchen zu tragen und gerade die schicksalhaften Dinge, die ihre Seele zuweilen tief niederdrückt, machen diese meist eher im Stillen mit sich selbst aus, auch oder vielleicht auch gerade, weil hier jeder jeden kennt.
Und mitten unter ihnen der Postbote dieser kleinen Gemeinde. Leise und ruhig stellt er Tag für Tag die an sie adressierten Briefe zu, immer zuverlässig und stets freundlich. Doch dieser nette Mann weiß mehr über sie, als sie sich denken können, denn er kennt den Inhalt der Briefe, die sie erhalten. Und das deshalb, weil er viele der Briefe vorher öffnet, den Inhalt auf eine bestimmte Weise archiviert, und sie erst dann, in einigen Fällen manchmal auch ein bisschen umgeschrieben, milder und schonender, weiter gibt. Dabei ist es stets das Wohl der Dorfbewohner, das ihn zu seinem Tun anhält. Und darüber hinaus vielleicht auch einfach das Bedürfnis, auf diese Weise am Leben teilzunehmen, denn von einem eigenen wirklich lebendigen Leben hat er sich weitgehend zurückgezogen, seitdem ihm seine große Liebe versagt geblieben ist.
Die Langsamkeit, mit der wir Leser diesen mit einer oftmals philosophischen Betrachtungsweise durch sein Dorf wandelten Postboten begleiten dürfen, getragen von der sanften Fluss der Sprache des Autors, das ist einfach schön und lässt, trotz kleiner durchaus vorhandener Turbulenzen, einen selbst, zufrieden und mit einem Lächeln auf den Lippen mit spazieren. Der einzige Wermutstropfen liegt im eigenen Bewusstsein, das dieser eigenartige Mensch dabei wohl an einem eigenen Leben vorbeilebt, ein bisschen so als ob ihm der Mut dafür fehlen würde. Und das ist natürlich ein bisschen traurig.