Schwarz-Weiß-Drama im wörtlichen Sinne

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singstar72 Avatar

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Was ist eigentlich ein gutes Buch? Doch sicherlich eines, das in gehobener Sprache verfasst und einigermaßen anspruchsvoll geschrieben ist. Aber muss man es dann auch automatisch mögen? Bei der Beantwortung dieser Frage bin ich mir schon weit weniger sicher. Erst recht nicht, wenn es um dieses Buch geht.





Dass es ein "gutes Buch" im handelsüblichen Sinne ist, daran zweifle ich recht wenig. Der Autor hat Format, und ist mir persönlich aus anderen Büchern bekannt. Ich schätze an Arturo Pérez-Reverte seine Weltgewandtheit, seine Fähigkeit, komplexe Beziehungsmuster zu schildern, und seine Gabe, eine andere Zeit zum Leben zu erwecken.





All das ist in diesem Buch erfüllt. Allerdings muss ich vorweg schicken, dass mich hier einiges - vielleicht zu viel - an das Buch "Dreimal im Leben" desselben Autors erinnert hat. Wiederum geht es um eine spezielle Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, bei der man einfach nicht entscheiden kann, ob das nun Liebe sein soll. Oder was auch immer sonst. Auch das Zeitkolorit ist dasselbe - eine glanzvolle, teils halbseidene Zeit im Schwarz-Weiß-Flair alter Agentenfilme.





Vielleicht hat mich auch die Werbung des Verlags und der Klappentext auf eine falsche Fährte gelockt. Es handelt sich zwar um einen eiskalten Agenten, Falcò, der zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs praktisch alle Aufträge annimmt, die irgendwie bezahlt werden. Aber ein "spannender Agenten-Thriller" ist es für mich nun nicht. Das Buch ist durchweg gekennzeichnet von einer weitestgehend ironielosen Distanz, einer Eiseskälte, was die Charaktere angeht. Und vor allem das geschilderte Frauenbild ist wenig geeignet, heutige Leserinnen zu Begeisterungsstürmen hinzureißen.





Manche Leser stören sich an der Tatsache, dass zu viel Hintergrundwissen vorausgesetzt werde. Das war für mich nun weniger das Problem. Ich finde, ein Buch sollte aus sich heraus gut sein, oder eben nicht. Sonst könnte ich ja ein Sachbuch lesen. Ich habe mich von der Atmosphäre her sehr an den Film "Pans Labyrinth" erinnert gefühlt. Da habe ich auch "von der Sache her" nicht alles verstanden, wohl aber die Tatsache, dass ein Krieg auf allen Seiten Opfer fordert.





Ich finde, man merkt diesem Buch an, dass es der erste Teil einer zukünftigen Trilogie sein soll. Der Spannungsbogen ist einfach zu kurz, um auf der Länge dieses einen Romans wirklich zu überzeugen. Und zu viele, vor allem moralische, Fragen bleiben offen. Die interessanteste Figur war für mich auch nicht Falcó, sondern sein weiblicher Gegenpart, Eva, die im zweiten Band die Hauptrolle spielen soll.





Wenn ich nach meiner abschließenden Meinung gefragt werden sollte, so würde ich eine bedingte Empfehlung aussprechen. Für Fans von Arturo Pérez-Reverte. Für Leser mit unempfindlichem Magen und weitestgehend ideologiefreiem Weltbild. Aber keinesfalls für Fans von spannend getakteten Thrillern.