Spannender Spionagethriller

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bluevanmeer Avatar

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Siegen Loyalität und Liebe oder Verrat und Gewalt? Der Preis, den man zahlt ist der Auftakt einer Reihe um den Spion Lorenzo Falcó. Vor einer historischen Kulisse setzt der spanische Autor Arturo Pérez-Reverte eine spannende Agentenstory in Szene.


„So ein Krieg ist ein echtes Spektakel“, sagte sie. (S.167)

Der Spion und Frauenheld Lorenzo Falcó steht vor dem vermeintlich wichtigsten Auftrag seines Lebens. Die Handlung spielt im Jahr 1936. Er erhält den Auftrag, in Alicante einen hochrangigen politischen Gefangenen zu befreien. Die Aktion ist so wichtig, dass sie sogar als kriegsentscheidend eingestuft wird. Obwohl Lorenzo Falcó eigentlich als einsamer Wolf unterwegs ist und gerne alleine arbeitet, muss er in diesem Fall seine Solopläne auf Eis legen. Um den politischen Gefangenen aus dem Gefängnis zu befreien, hat Falcó die Aufgabe, sich einer Gruppe junger Falangist_innen anzuschließen. Unter ihnen ist auch Eva Rengel, eine undurchsichtige Frau, deren Motive auch innerhalb der Gruppe nicht klar zu deuten sind.

Falcó hat für sich eine klare Rolle in dem Spiel der Geheimdienste und Kriegsparteien gefunden. Er ist sich selbst der nächste und hat keine politischen Überzeugungen.


Sollten sie doch töten oder sterben, sie mochten schon wissen, warum und wofür. Ob aus Dummheit, Bosheit oder ehrbaren Beweggründen. Lorenzo Falcos Krieg war ein anderer, und die Seiten waren klar definiert: hier er selbst, dort alle anderen. (S.103)

Trotzdem gilt er in der faschistischen Gruppe als Mann mit Erfahrung. Die anderen sind jung und naiv und haben zum Teil noch nie eine Waffe gehalten. Aber sie bringen eine Menge Fanatismus, Radikalität und jugendlichen Übermut mit. Falcó beginnt schon bald an der realistischen Durchführbarkeit der Aktion zu zweifeln. Eva kann ihn allerdings beeindrucken. Sie ist mutig, besonnen und in der Lage ohne mit der Wimper zu zucken, jemanden hinzurichten. Eine Frau, die Falcó nicht vergessen kann.

Niemand in der Gruppe kennt seine Mitstreiter_innen genau, aber für die Befreiungsaktion muss man sich auf die anderen verlassen können. In diesem gefühlsmäßigen Chaos kommen Eva Rengel und Falcó Lorenzo sich nahe. Und die Aktionen im Untergrund sind nach wie vor gefährlich.

Bis die Befreiungsaktion durchgeführt werden kann, hat Deutschland allerdings schon General Franco anerkannt – niemand weiß, wie sich diese Situation auf die inneren Ränkespiele innerhalb der Falange auswirken kann. Ein weiteres Risiko für Falcó, der sich zu fragen beginnt, warum ausgerechnet er für diese Mission eingesetzt wurde.

Dass Falcó so ein harter Kerl ist, wird leider an der einen oder anderen Stelle überbetont. Wenn er die Frau des deutschen Botschafters verführt, die „blonde Walküre“ Greta, und er beim Anblick ihrer großen und „schwer wogenden“ Brüste an „Wagner-Musik“ denkt, nun ja, dann muss ich leider wirklich lachen. Aber gut, auch ich habe wirklich verstanden, dass Falcó ein sehr harter Mann ist, dem sich die Damenwelt nicht entziehen kann. Während Falcos Spionagegeschichte wirklich geschickt konstruiert wird, verhält es sich also mit der Rolle des Charmeurs und geschickten Verführers dann eher holzhammerig.

Der Preis, den man zahlt ist insgesamt ein spannender und gut gemachter Spionagethriller. Falcó ist charismatisch und wirkt zunächst wie eine absolut pragmatische Figur, die nur an sich selbst denkt. Er ist geschickt darin, seinen Job zu erledigen – bis er sich in Eva verliebt. Eva ist eine Figur, die lange ein Rätsel bleibt. Es gefällt mir, dass alle Beteiligten in dieser rasanten Spionagegeschichte ein Doppelspiel treiben. Es bleibt daher von Anfang bis zum Ende spannend.

Auch die geschichtlichen Hintergründe sind fantastisch recherchiert und geben Einblicke in den spanischen Bürgerkrieg. Ein absoluter Pluspunkt, aber auch nicht überraschend. Bevor Perez-Reverte zu einem der erfolgreichsten Schriftseller Spaniens wurde, arbeitete er 21 Jahre lang als Kriegsreporter. Vielleicht erklärt sein vorheriger Job auch, warum einige Verhörszenen so brutal und detailreich geschildert werden. Das war mir definitiv zu viel.