Der Preis der (Un-)Treue

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schneewehe Avatar

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Der Hintergrund ist einfach: Ein 54-jähriger Mann, verheiratet, 14-jährige Tochter, in Marseille lebend, betrügt seine Frau seit einem Jahr, wenn er unter der Woche geschäftlich nach Paris muss. Alix ist 23 Jahre jünger, schön, ungebunden.
Doch es steckt mehr dahinter, als diese altbekannte, klischeehafte Geschichte. Und dies versucht Diane Brasseur mit ihrem Roman zu vermitteln. Sie holt den Leser direkt hinein in die Gedanken der Hauptperson. Die Zweifel, Wünsche, Träume, das Für und Wider der ganzen Situation, das schlechte Gewissen – all das dürfen wir ganz nah miterleben. Der besondere Schreibstil bewirkt, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann; auch wenn es an einigen Stellen leicht verwirrend ist, wenn sich Vorstellungen und Realität vermischen und man als Leser nicht recht weiß, ob etwas tatsächlich oder nur in der Fantasie geschehen ist.
Was aber auf jeden Fall gezeigt wird, ist die Ausweglosigkeit der Situation: Der Preis der Treue, oder eher auch der Preis der Untreue. Auch wenn man vielleicht eine klare Stellung zu diesem Thema hat, kann man sich mit allen Figuren gut identifizieren. Man fühlt mit der Ehefrau mit, die merkt, dass irgendwas nicht stimmt. Mit Alix, die weiß, dass ihr der Mann nicht ganz gehört. Und mit dem Mann selbst, der entweder seine Frau oder aber seine Geliebte verlieren wird.
Zwar ist das Thema nicht neu, aber die Schreibweise und der Aufbau des Romans sind es doch. Diane Brasseur erzählt einfach ohne zu verurteilen oder etwas schön zu reden; beziehungsweise lässt sie den Ehemann erzählen. Und er zeigt uns ganz verschiedene Seiten, aus verschiedenen Blickwinkeln. Er malt sich aus, wie die beiden Frauen empfinden, was sie denken. Und er beschreibt, was er an jeder von ihnen liebt, wie es zu allem kam, und warum es ihm so schwer fällt, eine von beiden loszulassen. Er wird nicht wie ein Täter beschrieben. Man kann sich in ihn hineinversetzen, er ist sympatisch, und man hofft für ihn, dass alles - auf welche Weise auch immer - gut ausgehen wird.
Ein guter Roman für einen entspannten Nachmittag zu Hause.