Ein Mann – zwei Frauen

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Der 54-jährige Ich-Erzähler gibt seinen Lesern einen überaus privaten Einblick in sein Leben. Er lässt sie an seinen Gedanken an seine Geliebte Alix und an seiner Situation in seiner Ehe teilhaben. Ihn quält der Drang, eine Entscheidung zu treffen. Seit einem Jahr hat er ein Verhältnis mit der um 23 Jahre jüngeren Alix. Sie wohnt in Paris, wo der Anwalt seine Kanzlei hat. Seine Familie wohnt in Marseille, wo er eigentlich häufiger sein sollte. Er führt ein Doppelleben.

Diese klassische Situation zum Ehebruch schildert die französische Autorin Diane Brasseur aus Sicht des Protagonisten. Er macht es sich nicht leicht und wägt auch Nebensächlichkeiten gegeneinander ab. Er stellt seine Faszination für die junge Frau dar, die in seinen Augen zwar schön und jung, aber eben auch labil ist und nicht genug Selbstvertrauen hat. Er möchte auch seine Familie nicht verlieren und weiß, dass es vernünftiger wäre, Alix nicht wiederzusehen. Vielleicht hilft ihm dabei eine temporäre Trennung, wenn er den Familienurlaub in New York verbringt. Auf der anderen Seite ist da seine Eifersucht, allein bei dem Gedanken, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben geben könnte. Diesen inneren Zwiespalt bringt die Autorin auf knapp 170 Seiten näher, ohne dass man genervt die Augen verdreht und den Herrn in eine Richtung schubsen will. Natürlich sollte er sich schon aus Fairness gegenüber den beiden Frauen bald entscheiden. Offen bleibt die Frage, wie er sich das Leben weiter vorstellt.

In der westlichen Welt wird jede dritte Ehe wieder geschieden. Die häufigste Ursache dafür ist Ehebruch. Es gibt bestimmt immer einen mehr oder weniger triftigen Grund, warum man den Partner hintergeht und verletzt. Jeder hat dazu seine eigene Meinung. Brasseur gelingt es, diese polarisierende Situation wertfrei zu beleuchten. Sie schafft es, dass auch moralische Gegner interessiert sind, wie sich dieser Franzose mit der Angst vorm Altern entscheidet. Welches Gewicht gibt er seiner fast 30 Jahre bestehenden Verbindung zu seiner Frau und welches seiner Geliebten? Sprachlich leicht verständlich und doch tiefgehend, ermittelt jeder Leser seinen eigenen Preis der Treue.