Zwischen Entweder und Oder

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wallerie0 Avatar

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Er kommt gleich zur Sache. Er, der verheiratete Mittfünfziger, der seit einem Jahr ein Verhältnis zu einer erheblich jüngeren Frau hat. Er hat Angst vorm Altern und hasst alles, was damit einher geht. Ungeschönt, tiefgründig und vor allem sehr intim geschildert, breitet er seine gelebte Untreue, seine sehr persönlichen Gedanken und Gefühle vor dem Leser aus. Dieser wird Zeuge seines inneren Dilemmas, seiner Zerrissenheit und gleichzeitig Unfähigkeit, einen Ausweg aus diesem mehr und mehr zur Belastung werdenden Konflikts. Bei der einen nicht ganz zu Hause, bei der anderen nicht mehr zu Hause, fast fremd. Er hadert, ist ruhelos, spricht weder mit seiner Frau, noch mit seiner Freundin darüber. Innigkeit, ja, Ehrlichkeit, nein. Mal gefühlvoll, mal nüchtern, mal träge, mal aufgewühlt, mal beherrscht, mal zügellos. Glücklich wie zu Beginn, macht ihn die Liaison längst nicht mehr. Auch die anderen Beteiligten leiden zunehmend. Was hat er erwartet? Was hat er zu bieten? Was verspricht sich seine junge Geliebte? Was ahnt seine Frau? Nichts halbes und nichts ganzes, ein kräftezehrender Zustand, ein Doppelleben, eine Blase, die durch ihre Beanspruchung dem Platzen nahe ist. Es muss zu einer Entscheidung kommen. Doch noch ist er nicht imstande, irgend etwas in dieser Richtung zu tun. Wartet er auch ein Zeichen, ein Signal von „außen“? Man kann nicht alles haben. Das wird immer klarer. Jugend oder Beständigkeit, Vertrautes oder Spannung. Ein Auf und Ab, nicht nur in seiner Welt. Auch der Leser ist hin und her gerissen in seiner Bewertung des ganzen Dramas. Persönliche Vorurteile und eigene Erfahrungen spielen mit hinein und können anhand der Schilderungen unter einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet werden. Richtig und Falsch, Gut und Schlecht verschwimmen. Eine alltägliche Geschichte, interessant und intelligent in Szene gesetzt. Der Ausgang ist absolut nicht abzusehen und dies gerade macht das Buch so lesenswert. Eine Geschichte, die uns allen „passieren“ kann, egal an welcher Handlungsposition man sich befindet. Ein anscheinend zweiter Frühling, auf den blühender Sommer oder trockene Dürre folgt. Alles ist möglich.