Indianische Mystik

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zauberberggast Avatar

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Bei „Der Ruf des weißen Raben“ handelt es sich um einen weitgehend sozialkritischen Roman, der die heutige Situation der kanadischen Indiander zum Thema hat. Die Autorin hat durch ihre eigene Biographie große Ahnung von der Thematik, lebt sie doch selbst mit ihrem Ehemann, einem kanadischen Indianer, als Mitglied eines Stammes in den Rocky Mountains. So ist die Tatsache, dass die junge Myra Morgenstern ebenfalls eine deutschstämmige, mit ihren Eltern eingewanderte Amerikanerin ist, durchaus autobiographisch gefärbt. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und dem Indiander Chad Blue Knife ist also vorprogrammiert.

Die in der Leseprobe geschilderte Stammeszeremonie, die von Joseph Rock Horse, einem der Stammesältesten geleitet wird, soll den „Großen Geist“ und die Ahnen anrufen um den Indianern einen Ausweg aus ihrer Notsituation aufzuzeigen. Nicht nur die Zerstörung der Umwelt, die durch den Fortschrittswahn der weißen Siedler immer mehr vorangetrieben wird, auch das spurlose Verschwinden von Stammesmitgliedern macht dem Stamm große Sorgen. Der junge Chad Blue Knife, mit Anfang 30 nach seiner Universitätsausbildung wieder zurückgekehrt, nimmt zum ersten Mal an der sogenannten „Ahnenzeremonie“ teil.

Mir gefällt die sprachliche Gestaltung des Romans sehr. Äußerst wortgewaltig vermag die Autorin den Leser in eine Welt hineinzuziehen, die der westlich geprägte Zivilisationsmensch so nicht (mehr) kennt: eine Welt, in der die Natur und die unsichtbaren Kräfte noch unantastbare Wertmaßstäbe bilden, vor denen man sich in Ehrfurcht verneigt. Ich würde das Buch sehr gern vorablesen und mich von Sanna Seven Deers nach British Columbia „entführen“ lassen.