Das Tänzeln des Springers

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katl Avatar

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„Du hast die Wette verloren, um etwas anderes zu gewinnen. Man opfert einen Bauern, und dafür passiert etwas Gutes im Spiel“

Wie auch der Titel bereits vermuten lässt, spielt in diesem Buch das Schachbrett eine zentrale Rolle. Der Fokus liegt dabei weniger auf dem Spiel selbst, als auf seiner faszinierenden Macht, die unterschiedlichsten Menschen zusammenzubringen.

In diesem Fall, einen kleinen Jungen, dem es schwer fällt, sich in der Schule zu konzentrieren und dadurch immer wieder in das Radar seiner Lehrerin gerät und einem alten Mann, der nach dem Tod seiner geliebten Frau von einem Tag in den nächsten gleitet, ohne so richtig zu leben.

Die Faszination, die das Schachspiel auf den Jungen ausübt, führt diese beiden Menschen zusammen und bildet eine einzigartige Freundschaft, in einer herzerwärmenden Geschichte, wie sie das Leben so schreibt.

„Ich lerne, dass der Pfefferstreuer eigentlich eine Dame ist. Also, ich kann da gar keine Dame erkennen in der Figur, aber der alte Mann sagt, die Dame muss man unbedingt schützen im Spiel und im Leben.“

Judith Pinnow nutzt ihre feinen, bildhaften Worte um eine Welt zu kreieren, die der unsrigen so ähnlich ist, und scheint dennoch von einem feinen Hauch von Magie durchzogen zu sein, die der berührenden Geschichte einen zauberhaften Schimmer zu verleihen scheint. Wie ein klarer Bach plätschert die Geschichte über die Seiten, stetig und bewegt, durchzogen von Stromschnellen und kleinen Sturzfällen, gefolgt von ruhigen, tiefen Tümpeln.

„Wie feiner Nebel, der aufzieht. So schleichend, dass man es kaum bemerkt. Erst sieht man nur ein kleines bisschen schlechter, wie durch eine schmutzige Brille. Nach einer Weile kann man dann nicht mehr seine eigenen Füße sehen und sehr bald auch nicht mehr die eigenen Hände. Genauso ziehen die Nachtgedanken auf.“

Unterschiedliche Perspektiven, jeweils in der ersten Person geschrieben, bieten einen klaren Einblick in die Gedankenwelt der Figuren und ermöglichen es, eine tiefere emotionale Bindung zu den Charakteren zu bilden, sie zu verstehen und mit ihnen mitzufühlen.

Der Schacherzähler ist ein wunderschöner Roman, der sich auf die alltäglichen Situationen des Lebens stützt, mit einem Augenzwinkern und von positivem Licht beleuchtet. Statt die Probleme zu beleuchten konzentriert sich die Autorin, jeder Situation etwas Positives abzugewinnen und eine Geschichte zu schreiben, die auch im eigenen Alltag ihren Glanz hinterlässt.

„Man muss nicht immer alles wissen. Manchmal hilft nur tanzen. Musik ganz laut und tanzen, so wie ein Springer, der über ein Schachbrett gleitet. Ein Schritt geradeaus, zwei Schritte nach links. Dann zwei Schritte nach vorne und einen nach rechts.“


„Die Passagen in Anführungszeichen sind direkt aus dem Buch übernommen.“