Wie eine warme Kuscheldecke

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tinstamp Avatar

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Bei vorablesen habe ich diesen wunderbaren Roman gewonnen, der mich bereits in der Leseprobe wie eine warme Decke eingehüllt hat. "Der Schacherzähler" ist eine Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem neunjährigen Jungen und einem über achzig Jahre alten Mann, der dem Leben überdrüssig geworden ist.

Für ihn ist jeder Tag - seit dem Verlust seiner geliebten Frau Lieschen - zur Routine geworden: aufstehen, anziehen und waschen, frühstücken und sich danach mit seinem Schachbrett auf dem Weg in den Park zu begeben. Beim Verlassen des Hauses bekommen die Rosen noch einen Schluck Wasser. Falls er einen guten Tag hat, erwischt er den Tisch unter den Kastanienbaum. Manchmal beobachtet er dabei die Jungen, die mit ihren Scootern auf den Rampen Kunststücke zaubern. Dazu gehört auch Janne, der seine unbändige Energie dabei freilassen kann, die in der Schule immer wieder zum Problem wird. Eines Tages setzt sich Janne zum alten Mann, der sich ihm gegenüber "Oldman" nennt, an den Tisch. Er ist neugierig und so beginnt Oldman Janne das Schachspiel beizubringen. Der Junge lernt schnell und die beiden treffen sich immer wieder, wobei eine neue Freundschaft entsteht. Oldman, der eigentlich Walter heißt, entdeckt wieder Freude am Leben und Janne findet Spaß am Schach und jemanden, der für ihn Zeit hat, während seine alleinerziehende Mutter Malu im Café "Blue Hour" arbeitet.

So der Inhalt der Geschichte, die jedoch so viel mehr zu bieten hat. Judith Pinnow lässt ihre Figuren aus der Ich-Perspektive erzählen. Janne, Malu; Hinnerk, ihren Chef im "Blue Hour" und Liv, Malus beste Freundin, begleiten wir gemeinsam durch viele Lebenslagen und lernen dabei ihre Gefühlswelt sehr gut kennen. Von Oldman wird hingegen in der dritten Person gesprochen.

Beim Lesen fühlt man mit den jeweiligen Figuren richtig mit. Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und ich empfand das Lesen, wie einen Besuch bei Freunden. Malu ist eine bezaubernde junge Frau, die für ihren Sohn versucht Mutter und Vater in einem zu sein. Ihre einfühlsame Art mochte ich ganz besonders. Hinnerk ist ein wunderbarer Chef, der weiß, was er an Malu hat und der sich verzweifelt gegen die drohende Insolvenz stemmt. Liv, mäßig erfolgreiche Künstlerin, ist immer für ihre beste Freundin da...und doch haben alle von ihnen Ecken und Kanten, ihre eigenen Probleme und Eigenheiten. Während der grummelige Oldman wieder Lebensfreude gewinnt, bekommen Janne und Malu ein neues "Familienmitglied".
Die Autorin versteht es auch humorvolle Szenen perfekt einzusetzen und hinterlässt beim Beenden dieser zauberhaften Geschichte ein absolut wohliges Gefühl.

Im Buch sind einige Illustrationen abgebildet, die die Geschichte wunderbar ergänzen.

Fazit:
Ein sehr berührender und warmherziger Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft und über das Leben. Die warmherzigen Charaktere sind allesamt aus dem Leben gegriffen und man fühlt sich inmitten der Figuren als Leser pudelwohl. Hier spreche ich ganz klar eine Leseempfehlung aus!