... er tut nur so ...

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bastian Avatar

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>Der Schneeleopard< ist keine abenteuerliche Reisebeschreibung, obwohl das Ziel im winterlichen Himalaja sehr exotisch anmutet.
Auch kann man sagen: Man muss sich diesem Buch mit dem attraktiven Cover geduldig annähern, wenn man sich aber darauf einlässt, ist es ungeheuer bereichernd und absolut beeindruckend!

Die Expeditionsteilnehmer und ihre Beweggründe werden bei scheinbar zufälligen Gelegenheiten beschrieben, Schilderungen und poetische erzählte Bilder der Landschaft und ihrer Bewohner wechseln mit Erörterungen politischer, geographischer und gesellschaftlicher Gegebenheiten ab.
Dies alles wird vom Autor reflektierend in Bezug zu seinem eigenen Leben bildreich dargestellt.

In diesem Buch findet man wenig Ausschweifendes oder gar überflüssiges. Neben den bildhaften, wunderschönen und originellen Beschreibungen der Natur, unglaublich eindringlichen und verblüffenden Tierbeobachtungen ist faszinierend, wie der Autor aus jeder Stimmung und jeder Beobachtung einen Aufhänger für seine philosophischen Betrachtungen macht.

Wenn man sich auf die kurzen Kapitel der verschiedenen Darstellungen einlässt, kommt man beim Lesen immer wieder ins Träumen und Nachdenken
Ist es wirklich so, das Kultur mit Naturzerstörung gleichzusetzen ist?
Frisst uns der Fortschritt auf?
Das sind nur zwei der vielen Fragen, die ich mir beim Lesen gestellt habe und Teil der vielen anderen Fragen, die der Autor sich selbst stellt.

Eine sehr verstörende aber doch sehr bemerkenswerte Stelle, an der sich Tesson in die Yaks hineinversetzt, gibt mir immer noch zu denken:
"Wir sind Natur, wir verändern uns nicht, wir sind von hier und von immer. Ihr seid Kultur, Plastik und Unbeständigkeit, ihr erfindet permanent etwas Neues, was genau sucht ihr eigentlich?"
Tesson scheint nicht gerade optimistisch in unsere Zukunft zu blicken. Und so ist auch der sarkastisch anmutende Schlusssatz des Buches nicht verwunderlich!

Es handelt sich um ein hoch philosophisches Buch. In dieser Geschichte liegt so viel Zeit, so viel Stille, dass man zwingend seinen Gedanken nachspüren und sie in andere Richtungen lenken sollte.
Vielleicht ist es auch die Absicht des Autors, die Leser, die ja kaum an die Gelegenheit geraten diese Erfahrungen selbst zu sammeln, auf eine andere, sensible Sicht des Lebens zu stoßen und den Blick auch in andere Richtungen zu lenken. Dies ist Sylvain Tesson in meinem Fall gelungen!