Leider anders als erwartet

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_jenniferjulia_ Avatar

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In dem Buch „Der Schneeleopard“ erzählt Autor Sylvain Tesson von seiner Reise nach Tibet. Er begleitet den Tierfotografen Vincent Munier auf der Suche nach dem Schneeleoparden. Das Buch war 2019 das meistverkaufte in Frankreich und wurde in letzter Sekunde mit dem Rendaudot-Preis ausgezeichnet. Die Erwartungen waren also ziemlich groß.
Als ich das Buch das erste Mal in den Händen hielt viel mir vor allem auf, dass es deutlich dünner war, als ich es erwartet hatte. Die Anzahl der Seiten ist natürlich kein Bewertungskriterium, dennoch möchte ich es hier gerne erwähnen. Das Cover hat mich von der ersten Sekunde an angesprochen. Es besticht durch seine Schlichtheit und wirkt unheimlich beruhigend.
Mich hatten die ersten Seiten der Leseprobe voll und ganz in ihren Bann gezogen. Den Schreibstil von Sylvain Tesson empfand ich zunächst als sehr angenehm. Meistens verwendet er eher kurze, sachliche Sätze, die dennoch eine anschauliche Beschreibung der Szenen ermöglichen. Mit Formulierungen, wie: „Wie bei Tiroler Skilehrern findet das Liebesleben des Schneeleoparden in weißer Landschaft statt.“ wird alles etwas aufgelockert und man liest mit einem Schmunzeln weiter. Mit Fortschreiten des Buches, so hatte ich das Gefühl, wurden die Sätze immer länger und philosophischer. Auch empfand ich den Schreibstil als sehr anspruchsvoll. Es wurde oft Bezug auf andere Autoren und Werke genommen, von denen ich noch nie gehört hatte. In Kritiken wurde gerade diese Poesie besonders gelobt. Mich konnte der Autor damit jedoch nicht erreichen. Mehr noch, es viel mir dadurch zunehmend schwerer weiterzulesen.
Gleich zu Beginn stellt der Autor seine Mitreisenden kurz vor. Leider erfährt man im Laufe der Erzählung sehr wenig zu den einzelnen Personen und dem Austausch untereinander. Auch die eigentliche Reise kommt meiner Meinung nach zu kurz. Er berichtet zwar ab und zu darüber, wie kalt es ist, oder dass sich die Gruppe an einen anderen Ort begeben hat. Doch genauere Abläufe oder z.B. wie sie die Verpflegung der dreiwöchigen Reise organsiert hatten, wurden nicht erwähnt. Teilweise waren für mich auch die einzelnen Etappen nicht ganz nachvollziehbar und eher verwirrend.
Meine Erwartung war ein Sachbuch, das sich mit der Reise und der Suche nach dem Schneeleoparden befasst. Das Buch ist jedoch eher Tessons metaphysische Suche. Er schreibt hauptsächlich über seine Empfindungen, seinen Glauben und darüber was der Schneeleopard für ihn bedeutet.
Da ich mit einer völlig anderen Erwartung an das Buch herangegangen bin, als es sich schließlich erwies, bin ich mit der Erzählung auch nicht warm geworden und würde es wohl eher nicht empfehlen. Wer sich jedoch auf eine, sagen wir mal, meditative Reise begeben möchte, dem könnte „Der Schneeleopard“ vermutlich gut gefallen.