Schön

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amirabooks_ Avatar

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Vincent Delecroix hat mit "Der Schuh auf dem Dach" ein kleines Juwel geschrieben, das man sicherlich nicht zwischen Tür und Angel lesen kann, aber das, wenn man ihm wirklich seine ganze Aufmerksamkeit widmet, einfach nur wunderbar ist.

Ich habe mir am Anfang auch etwas schwer getan mit den zahlreichen Perspektiven, aus denen über den Schuh auf dem Dach philosophiert wird (und auch ich musste mich schon immer mal wieder zusammenreißen und einen Abschnitt erneut lesen, um nicht den ein oder anderen Seitenverweis auf eine bereits da gewesene Geschichte zu verpassen).

Es ist teilweise eine Geschichte in der Geschichte, oft ist nicht klar, ob nun eine reale Person erzählt oder diese gerade einer Fiktion in Delecroix' Buch entspringt. Die einzelnen Geschichten sind aber gut unterscheidbar, unterschiedlich vom Stil geschrieben und auch oft anders nummeriert.

Alles ist miteinander verwoben - wie z.B. die alte Frau, die dann im Museumsshop einkauft und den Verkäufer (der ja bereits vorher seine Geschichte über den Schuh erzählt hat) dort trifft.

Das Buch ist auch definitiv eins, bei dem der Film nicht besser als das Buch sein kann: Denn beim Lesen kann man miträtseln, wie nun die Bewohner des Hauses, das mit Blickrichtung auf den Schuh gebaut ist, zusammenhängen, und wer nun wer ist und wer wen warum kennt. Wie zum Beispiel die "Frau des Lebens" des einen Erzählers auf einmal erneut in einer anderen Sicht auftaucht...

Das Ende ist nach all den philosophischen Exkursen wie z.B. von Flock, dem Hund, der eigentlich alles tun möchte, um sein Herrchen zu retten, fast schon trivial - aber irgendwie doch passend, und nicht ganz abschließend. Mir hat es gezeigt, dass alles irgendwie einen Grund hat, und ist es selbst nur ein einfacher, unbeabsichtigter oder lapidarer. Doch wenn jemand über die kleinste Handlung eines anderen Menschen nachdenkt, kann sehr viel daraus werden - und die beste Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden, ist eben doch, sich die Geschichte aus der Sicht desjenigen anzuhören, der nun (für den Schuh auf dem Dach) verantwortlich ist für die Situation, wie sie sich gerade darstellt.

Es ist aber sicherlich etwas anstrengender, das Buch zu lesen, deswegen (und auch, weil einige Irrungen zu viel enthalten sind) nicht die volle Punktzahl, aber eine klare Leseempfehlung für die, die sich von etwas Philosophie verzaubern lassen wollen.