Unverblümt anders

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fraupfeffertopf Avatar

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„Wenn ihr wissen wollt, wie ich auf dieser verdammten Reise mehr als einmal kurz davor war, ins Gras zu beißen, dann hört jetzt genau zu..oder trollt euch.“ So oder so ähnlich, wahrscheinlich noch etwas derber, kann man sich Kinsch Na Schannack, den Protagonisten, vorstellen, wie er wohl seine Geschichte in einer schmuddeligen Taverne zum Besten geben würde.

Mit Kinsch wurde ein unverblümter Charakter geschaffen, der immer mal wieder sarkastische Bemerkungen einstreut, eine Vorliebe für schöne Münzen und Katzen hat und aus Selbstschutzgründen lieber Tavernen meiden sollte. Aus der Sicht des Diebes lernen wir Kinschs Hintergrund und seine vertrackte Verwicklung in der sogenannten Nehmergilde kennen, durch die er sich auf eine gefährliche Quest begeben muss. Dabei begegnet er neuen WeggefährtInnen, die zusammen eine bunt zusammengewürfelte Truppe ausmachen: Der Hauptkern besteht aus Kinsch, der wortkargen Kriegerin Galva und der Hexe Norrigal, zwischen denen eine Gruppendynamik herrscht, die sich natürlich anfühlt, Spaß macht und die Welt lebendig anfühlen lassen. Ich mochte alle Charaktere sehr, die schlagfertig und ihren eigenen Humor haben.

Die Welt, durch die man sich bewegt, ist reich an Fantasie mit eigener Historie und zahlreichen Kreaturen. Spannend werden die brutalen Koboldkriege beschrieben, durch die große Teile der männlichen Bevölkerung ausgerottet wurden, das Verschwinden der Pferde, die an einer mysteriösen Krankheit gestorben sind, Verstrickungen in höheren Kreisen, es tauchen gewaltige Kraken auf, die einem den Atem stocken lassen, Raben so groß wie Pferde (Kriegsraben genannt), listige, nach Menschenfleisch lüsternde Kobolde, Riesen, ja sogar ein Golem, magische Tätowierungen, aber auch einfache, jedoch nicht minder gefährliche Attentäterinnen. Entsprechend finden mit diesem Zusammenstoß mehr als ein paar Leute ein schreckliches und manchmal auch abruptes Ende. Buehlman schrieb mehrere erfolgreiche Horror-Romane, sodass schaurige und zugleich beeindruckende Elemente auch in diese Welt gefunden haben.

Das rund 500-seitige Buch ist in 65 Kapitel aufgeteilt, die mir nie langatmig vorkamen. Das actiongeladene, einfallsreiche und unterhaltsame Abenteuer lässt einem im Lesefluss bleiben. Im jedem neuen Kapitel wartet man gespannt auf neue Konstrukte. Dabei lädt eine Karte zum Verfolgen der genauen Route ein. Tolkien und Martin zählen laut Buehlman zu den Autoren, die seinen Weg geebnet haben und das merkt man. Wer die Welten dieser Autoren liebt, wird sich auch schnell mit der von Buehlman anfreunden, die trotzdem eine ganz eigene Note hat, kreativ neue Länder, Sprachen, Mythen, ein eigenes Währungssystem, Trinklieder, Spiele, Magiestile und vor allem starke Frauen hervorbringt.

Der erste Teil dieser Trilogie nimmt einen genügenden Abschluss, um auch ein eigenständiges Buch zu sein. Genug Ungelöstes lassen mich jedoch gerne und begierig auf Folgeteile warten.