Detaillierte Analyse eines Justizskandals

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Mehrere Jahrzehnte lang sitzt Sture Bergwall in der geschlossenen Psychiatrie in Säter. Seit seiner Einlieferung im Jahr 1991 hatte er gestanden, als Serienmörder Thomas Quick über 30 Opfer bestialisch ermordet und die Leichenteile an verschiedene Orten versteckt zu haben. Doch in Wahrheit hatte Bergwall niemals jemanden getötet. Die Geständnisse waren allesamt frei erfunden, um sich stetig seine verschreibungspflichtigen Medikamente zu sichern, und dem Einfluss seiner Therapeuten geschuldet, die in Quick den größten Fall ihrer Karriere witterten.

Mit „Der Serienkiller, der keiner war“ ist dem schwedischen Journalisten Dan Josefsson die packende Aufarbeitung eines unfassbaren Justizskandals gelungen. Anfangs war es für mich schier unglaublich, dass ein solcher Irrtum heutzutage überhaupt passieren kann. Umso spannender war es dann, die Hintergründe dieser unfassbaren Geschichte zu lesen und zu erfahren, wie ein kleinkrimineller Drogenabhängiger zum berühmtesten Serienmörder Schwedens „therapiert“ werden konnte.

Dan Josefsson schafft es dabei, das Geschehene so aufzubereiten, dass sich dieses Sachbuch wie ein packender Kriminalroman liest. Selbst komplexere psychologische Modelle schildert der Autor sehr anschaulich, sodass ich seinen Erklärungen stets ohne Probleme folgen konnte. Besonders die Hintergründe zur Geschichte der Psychotherapie in Schweden und der Psychoanalytikerin Margit Norell fand ich sehr interessant, verraten sie doch viel darüber, wie es letztlich dazu kommen konnte, dass Bergwall all diese Morde gestand.
Das ausführliche Literatur- und Anmerkungsverzeichnis zeigt, wie detailliert sich der Autor mit der Materie auseinandergesetzt hat. Besonders die Gespräche, die Josefsson mit den verschiedenen Therapeuten aus dem Umfeld von Margit Norell geführt hat, waren wirklich interessant und teilweise recht erschreckend. Sie machen deutlich, wie schnell man sich von anderen abhängig machen kann und dann so gut wie alles tut, um diese Zugehörigkeit auch nicht mehr zu verlieren.

Alles in allem, ist „Der Serienkiller, der keiner war“ ein spannendes und absolut lesenswertes Sachbuch - detailreich, aber dennoch fesselnd und schonungslos wie ein Krimi. Von mir gibt es verdiente 5 von 5 Sternen!