unglaublich

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petral. Avatar

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In diesem Sachbuch von Dan Josefsson geht es um einen der größten Justizskandale in Schweden.
Sture Bergwall, ein homosexueller Drogenabhängiger und Kleinkrimineller wird Anfang der 90er Jahre in eine psychiatrische Klinik, nahe Stockholm eingeliefert. Dort wird er mit Psychopharmaka behandelt und beginnt eine Therapie.
Durch diese Therapie kommen bei ihm angebliche Erinnerungen an über 30 Morde hoch, die er als brutaler Serienkiller Thomas Quick verübt haben soll. Nach mehr als 20 Jahren kommt dann allerdings heraus, dass er diese Morde nie begangen hat und seine Geständnisse einerseits zustande kamen durch die ganzen Drogen, mit denen er dort in der Psychiatrie versorgt wurde und andererseits wurde er durch seine Therapeuten mithilfe einer ganz bestimmten Therapieform auch erst dazu gebracht, seine Taten als wirklich echte Erinnerungen zu sehen, die er wegen der Grausamkeit der Taten, lange Zeit verdrängt hätte.

Eigentlich beginnt dann ein Freund des Autors Dan Josefsson über diesen Justizskandal zu recherchieren, doch dieser Journalist verstirbt dann leider, bevor er seine Arbeit zu Ende bringen kann und so macht sein guter Freund Dan Josefsson für ihn weiter und herausgekommen ist dieses wirklich sehr informative Buch.
Hier wird nicht nur das Leben von Sture Bergwall beleuchtet, angefangen von seiner schweren Kindheit, über Probleme mit seiner Homosexualität, bis hin zu seiner Drogensucht und seiner kriminellen Laufbahn, sondern es geht hier vor allem auch um die Psychologen, allen voran die bekannte Psychoanalytikerin Margit Norell, die eigentlich Hauptverantwortliche in diesem großen Justizskandal . Sie und einige andere Psychologen haben es erst möglich gemacht, dass Sture Bergwall so viele schwere Verbrechen gestand, die er nie begangen hat und dass er wohl sogar selbst glaubte, der Serienmörder Thomas Quick zu sein.

Beim Lesen dieses Buches war ich oft richtig entsetzt und habe mich gefragt, wie so etwas nur passieren konnte. Warum sind keinem der Beteiligten die vielen Ungereimtheiten aufgefallen und warum hat keiner mal genauer hingeschaut und stattdessen einfach auf diese Psychologen vertraut, die fast allesamt selbst einen psychischen Schaden haben mussten, wenn man sich so durchliest, wie die gearbeitet haben und wie abhängig sie von dieser Margit Norell waren. Für mich lasen sich die Berichte der Treffen dieser "Margit-Gruppe" oft wie die Beschreibung einer Sekte, ich kann es einfach nicht fassen, wie doch eigentlich intelligente Menschen, so manipulierbar sein können und sich so blenden lassen können.

Der Autor hat hier eine Wahnsinnsarbeit geleistet, die wirklich viel Zeit und Mühe gekostet haben muss und herausgekommen ist ein Sachbuch, das man kaum mehr aus der Hand legen kann, wenn man einmal mit dem Lesen begonnen hat. Es hat zwar einige Längen und manches hätte man vielleicht nicht ganz so ausführlich beschreiben müssen, aber trotzdem war es sehr spannend und aufwühlend zu lesen, dass ein Mensch, der nie gemordet hat, trotzdem so einfach für einen Serienkiller gehalten werden kann und dann auch noch für die nie begangenen Morde verurteilt werden kann.

Jedem, der sich für Psychologie und die Gefahren mancher Therapien interessiert und auch nicht davor zurückschreckt, einen wirklich dicken Wälzer zu lesen, dem kann ich dieses Buch wirklich ans Herz legen.