Von abgeschlossenen Welten

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constanze_pachner Avatar

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Der Roman #dersommerindemallesbegann von @claireleost verneigt sich anhand einer ergreifend geheimnisvollen Geschichte ehrerbietend vor der Literatur, dessen Naturgewalt den Tod nicht kennt sowie deren Erschaffung aus der Basis eines dafür vorgesehenen Chromosoms entsprießt.

Es ist die Geschichte der Lehrerin, Marguerite, die mit Leidenschaft Worte so verzaubert, dass es ihr gelingt, jungen Menschen dieses magische Chromosom der Sprache mit ihren Besitzer*innen nicht nur vor ihre inneren Schranken zu tragen, sondern diese sogar uwiderruflich zu öffnen und zu fluten.

"Mit ihr sind die Autoren und Autorinnen keine einschüchternden Denkmäler mehr, sondern leben, lieben und leiden, sie werden Teil der Familie. Flaubert wird ein alter Onkel mit lüsternem Blick, Stendhal der karrierebesessene Cousin." 16

Es ist auch eine Geschichte, die anhand mehrerer Protagonist*innen die den Stürmen trotzenden Fronten zwischen Stadt und Land präsentiert.

"Zu Hause war Bäuerin eine Berufung gewesen, etwas, worauf man stolz war, denn man ernährte das ganze Dorf. In Paris war es ein Stigma, für jedermann sichtbar mitten auf der Stirn." 60

Es ist auch eine Geschichte darüber, was mit Seelen geschieht, die auf Straßen gedrängt werden, auf denen sie partout keinen Fuß vor den anderen setzen wollen, aber müssen.

"Eifrig schrieb sie im Unterricht jedes Wort, jeden Scherz, jede Anekdote mit, um sie später ihrem Vater vorzulegen, der sich gierig darauf stürzte. Wie hypnotisiert verschlang er ihre Mitschriften, und hinter seinen leuchtenden Augen erahnte Hélène einen Strudel aus Jubel und Melancholie." 130

Ganz besonders ist es auch eine Geschichte der Bretagne, deren saftig ruhigen Wellen mich an die Sinne einer lang zurückliegende Reise denken ließen - auch eine Geschichte dreier Weiblichkeiten, wie hier die von Hélène, Marguerite und Odette.

"Die Bretagne abseits der Küsten, das ist so eine Art Insel (...), eine in sich abgeschlossene Welt, du wirst sehen, da kommt man nicht so einfach rein und hinterher kaum noch raus." 23

Genau so habe ich damals die Umarmung der liebevollen Bretonen erlebt, deren Welt sich im Zauber der Austern vollendend abschließt. Fasziniert hat mich diese abgeschlossene Welt ebenso wie die von Paris, da halte ich es wie Hélène, die für sich Stadt und Land in einem ganz eigenem Kosmos vereint. Der Roman #dersommerindemallesbegann ist eine wunderbare Sommerlektüre zum Beine hochlegen und wegschwelgen, der mit einer literarisch verschnörkelten Essenz brilliert, und nur in manchen Erzählpassagen in eiliger Hast den hypnotisierenden Blick auf den Ozean verliert.
Lieben Dank an den @kiwi_verlag für das #rezensionsexemplar

Klappentext: "Ein Roman über Liebe, Verlust und die langen Schatten der Vergangenheit: In einem schicksalhaften Sommer kreuzen sich die Wege von Hélène, Marguerite und Odette auf dunkle, geheimnisvolle Weise und versetzen ein kleines bretonisches Dorf in hellen Aufruhr."