Fitzgerald vs. Hemingway

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steffi kohl Avatar

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Das ist ein nettes kleines Buch und dazu sehr hochwertig verarbeitet. Mit 164 Seiten lässt es sich schnell durchlesen.
Das Cover zeigt einen leeren Strand, Himmel und Meer. Man könnte meinen, es zeigt die Winterpause am Mittelmeer, aber schnell findet man heraus, dass in den Zwanzigern der Strand den Hivernants vorbehalten war. Es war damals schick im Süden zu Überwintern, aber im heißen Sommer kehrte man nach Norden zurück. Interessant auch die unterschiedlichen Schriftarten, die den Titel im Stil dieser Zeit dekorieren.
Der Roman der Autorin Emily Walton beleuchtet sehr gut die Künstlerszene der 1920 er Jahre. Den Sommer 1926 verbringt F.Scott Fitzgerald mit seiner Frau Zelda und der kleinen Tochter Scottie in Südfrankreich, an der Côte d’Azur, in dem kleinen Fischerdorf Juan-les Lins.
F.Scott Fitzgeralds hat sich einen größeren Erfolg seines Romanes "The Great Gatsby" erhofft. Zunächst bleibt ihm aber die Anerkennung verwehrt und ihn plagen Selbstzweifel. Seine Frau Zelda ist gesundheitlich angeschlagen und erwartet sich vom Aufenthalt im Süden Genesung. In Paris, ihrem eigentlichen Wohnort, ist das exzentrische Ehepaar für seine mondänen Partys und Alkoholexzesse bekannt.
An der Côte d’Azur lassen sie sich die Beiden ganz in der Nähe des befreundeten Ehepaares Sara und Gerald Murphy nieder. Die beiden Amerikaner haben sich eine "Villa America" am Cap d‘Antibes errichtet und laden hierher die wichtigsten Künstler ihrer Zeit zu legendären Feiern ein. Die illustre Runde lockt auch Pablo Picasso, Dorothy Parker und Fernand Léger an.
Auch den jungen Ernest Hemingway, den Fitzgerald, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als Konkurrenz empfindet. Und das weniger in literarischer Sicht, sondern Fitzgerald vermisst jetzt die ihm „zustehende“ Aufmerksamkeit vergangener Sommer. Die Murphys haben Ernest Hemingway kennengelernt und sind von ihm begeistert.
Dazu noch eine Schaffenskrise, dass ist zu viel für den narzisstischen Scott, er reagiert wie ein trotziges Kind, ist launisch und ungehobelt anderen gegenüber. Aber natürlich erhält er statt der erhofften erhöhten Aufmerksamkeit Unverständnis für sein Verhalten..
Eine gelungene literarische Zeitreise in die Zwanziger, man fühlt sich, als wäre man dabei gewesen. Der Schreibstil ist sehr lebendig, Emily Walton gelingt es besonders gut, die Sensibilität Fitzgeralds herauszuarbeiten.
Zum Träumen auch die Naturbeschreibungen für alle die , die schon mal selbst dort waren.
Den Roman "Tender is the night" werde ich jetzt auf jeden Fall lesen, und das mit einem besonderen Blickwinkel.