Ein Teufelsspiel

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Johann will alles wissen und noch viel mehr. Tonio del Moravia scheint es ihm möglich machen zu können. Und nachdem Johann alles verloren hat, was ihm etwas bedeutet, schließt er sich Tonio an. Doch um seinen neuen Meister scheint sich Rätsel um Rätsel zu ranken. Johanns Leben nimmt schon bald eine Richtung, die er so nicht erwartet hat.
Oliver Pötzsch nimmt uns mit auf einen Reise durch das Spätmittelalterliche Europa. Auf Fausts Spuren. Wir reisen mit Johann durch Deutschland und Italien u. a. und auch durch sein Leben. Das Buch ist in fünf Akte eingeteilt, die teilweise recht große zeitliche Sprünge zwischeneinander machen. Den Überblick zu behalten fällt aber recht leicht. Der Schreibstil liest sich sehr gut. Pötzsch schafft es spielend durch seine Beschreibungen ganze mittelalterliche Städte vor dem inneren Auge auferstehen zu lassen. Außerdem sind immer wieder kleine Zitate aus Goethes Drama geschickt in den Text eingebaut. Ich mochte den Roman kaum weglegen, weil er so spannend war und mich nicht losließ. Das lag auch daran, dass die Figuren wirklich grandios gestaltet sind. Johann als Protagonist steht natürlich im Fokus. Zu ihm habe ich ein sehr ambivalentes Verhältnis. Auf der einen Seite kann ich seinen Wunsch nach Wissen gut nachvollziehen, aber sein Egoismus und seine Bereitschaft andere für seinen Wissensdurst zu opfern und zu übergehen ließen ihn sehr unsympathisch werden. Erst zuletzt kann er diesen Eindruck noch etwas geradebiegen.
Wo Johann recht leicht durchschaubar wird, ist Tonio ein wandelndes Rätsel. Selbst dem Leser – der etwas mehr Infos über Johanns Meister erhält als der Schüler selbst – entdeckt die Geheimnisse des Zauberers nie ganz, was seine Figur umso faszinierender macht. Die historischen Orte wirken in ihrer Beschreibung authentisch und gut recherchiert. Mir hat diese Version viel besser gefallen als Goethes. Aber ich bin auch kein großer Goethe-Fan.
Fazit: wunderbare, sehr gelungene Bearbeitung des Faust-Stoffes.