Und WAS bitteschön , soll ich nun bis zum 2.Teil im Herbst 2019 lesen???

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Welcher Leser kennt das nicht: Einem Buch mit Herz und Verstand total verfallen zu sein und plötzlich ist es zu Ende. Eine Leere tut sich auf, man kann sich von der Geschichte und den Bildern nicht losreissen und nun die große Frage "WAS LESE ICH JETZT?!" So ist es mir nach nur 3 Tagen Lesezeit und 800 Seiten Lesestoff ergangen. Es sind nicht viele Bücher, die mich so fesselten und berührten wie "Der Spielmann".
Meiner Meinung nach gibt es wenig Neuerscheinungen , zumindest was historische Romane anbelangt, die mit dem neuen "(Teufels)"-Werk von Oliver Pötzsch mithalten können.
Dieses Faust-Thema hat mich schon in der LP begeistert und Oliver Pötzsch versteht es, Spannung bis zum Zerreissen aufzubauen. Seite auf Seite. Schon zu Beginn die mysteriöse erste Begegnung des jungen Faustus mit dem unheimlichen Fremden. Die Lebensumstände der damaligen Zeit, die Kargheit und manchmal die Brutalität des mittelalterlichen Bauernlebens. Nur einmal im Jahr zur Freude der Kinder unterbrochen von den Zaubereien und atemberaubenden Darbietungen der Spielmänner und Gaukler. Der Sprachstil ist lebhaft und plastisch, dass man unmittelbar in die Geschichte eintaucht.
Gänsehaut erzeugt der Autor durch schauderhafte Beschreibung mancher okkulter Rituale zwielichtiger Gestalten und das ewige Mysterium des Bösen. Er lässt lange offen, was mit den kleinen verschwundenen Kinder wirklich passiert war.
Spannend auch die langsame Metamorphose des Johann Faustus. Er kämpft um seine große Liebe Margarethe, trauert lange um seinen Bruder, ist entsetzt, als er merkt wie ihn das Böse immer mehr fasziniert....
Oliver Pötzsch hat hervorragend recherchiert: Verblüffend war für mich persönlich z.B. das Kapitel auf der Laguneninsel Torcello samt Dom und Teufelsbrücke. Ich kenne diese winzige venezianische Insel, die die noch vor dem Aufstieg Venedigs eine blühende Sadt mit 20000 Einwohner war, scheinbar verflucht und dadurch ausstarb. Der Autor hat hier eine tragische Episode angesiedelt und so bildhaft beschrieben, dass jede Szene greifbar nah scheint.
Auch die Buchgestaltung ist schön. Die Darstellung und auch die Farbkomposition auf dem Einband stimmt auf Mittelalter ein. Das Buch macht einen edlen und aufwendigen Eindruck, besonders gefällt mir der "Extrazierrat" neben den Seitenangaben. Sehr sehr schön!
Danke Oliver Pötzsch und an Vorablesen