Ein Fall, der sich über drei Bücher erstreckt

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_jenniferjulia_ Avatar

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Mit „Der Strand: Vermisst“ ist am 13. Dezember 2022 der erste Band der „Engelhardt & Krieger ermitteln“-Reihe von Karen Sander bei Rowohlt Taschenbuch erschienen. Das Buch spielt in dem fiktiven Ort Sellnitz an der Ostsee. Hier verschwindet die gehörlose Lilli Sternberg, die dort bei ihren Großeltern lebt. Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt wird mit den Ermittlungen betraut. Die einzige Spur, die die Ermittler zunächst haben ist ein Foto, das vom WhatsApp Account der Verschwunden an ihre beste Freundin geschickt wurde. Um die scheinbar wahllose Zeichenfolge, die sich auf dem Bild befindet, zu entschlüsseln, wird die Kryptologin Mascha Krieger hinzugezogen.

Ich habe am Anfang etwas gebraucht, bis ich mich an den Schreibstil gewöhnt hatte. Empfand ihn dann jedoch als sehr angenehm, ebenso wie die kurzen Kapitel. Was aus meiner Sicht etwas unnötig ist, sind die sich wiederholenden Kapitelüberschriften, wie z.B. "am selben Abend". Hätte man meiner Meinung nach auch weglassen können und nur, wenn es ein neuer Tag oder Ort ist, einfügen. Aber sei's drum.

Man hat direkt mitten im Geschehen gestartet, das hat mir auch gut gefallen. Dadurch war das Buch von Beginn an recht spannend.

Wie in den meisten Krimis/Thrillern wird man am Anfang mit einer großen Zahl an Protagonisten überschüttet. Hier wird das Ganze noch etwas weiter durch die Spitznamen der Polizisten aufgebläht. Allerdings kristallisiert sich sehr schnell heraus, wer zu den wichtigeren Charakteren gehört.

Außerdem werden relativ viele Erzählstränge (vor allem auch aus der Vergangenheit der Protagonisten) eröffnet. Welche im Laufe des Buches eher weniger zusammengefunden haben und teils etwas chaotisch wirken. Was ich nicht gut gelöst finde ist der Klappeninnentext. Hier erfährt man zumindest ein wenig zum Hintergrund der beiden Ermittler. Wenn man den jedoch überblättert, fehlen einem wichtige Infos.

Die Protagonisten waren mir von Anfang an sympathisch. Mir kam es allerdings so vor, dass die hauptsächliche Ermittlungsarbeit von Mascha erledigt wird. Wohingegen Tom bisher nicht wirklich viel zur Lösung des Falls beigetragen hat. Holger wird seiner Rolle als "böser Polizist" mehr als gerecht. Mir ist zwar nicht ganz klar, wieso er dazu gezogen wurde, aber grundsätzlich passt so eine Art Protagonist in die Geschichte. Allgemein bin ich jedoch über einige Details gestolpert, die nicht sehr realistisch wirken. Ohne zu viel zu spoilern hier zwei Beispiele: 1) das „Krisengespräch“ zwischen der Erzieherin und Tom; 2) Maschas unprofessionelles Verhalten während eines Außentermins.

Die Autorin hält die Spannung der Geschichte meiner Meinung nach durchgehend auf einem guten Level. Allerdings gibt es aus meiner Sicht ein bisschen zu viel privates Drama und zu wenig Ermittlungsarbeit (vor allem bei Tom). Manche Situationen wirken sehr konstruiert.

Das offene Ende ist einfach unbefriedigend. Es gibt so viele lose Enden der Erzählung, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Geschweige denn (falls ich den zweiten Band lesen sollte) mich dann noch an alles erinnern zu können. Abgesehen davon und auch von einigen für mich nicht ganz plausiblen bzw. sehr inszenierten Geschehnissen hat mir das Buch doch recht gut gefallen.

Für mich wäre es nur wichtig gewesen, dass von Anfang an darauf hingewiesen wird, dass es sich um drei miteinander verbundene Bücher handelt. Es ist nicht so, wie bei den meisten anderen Krimireihen, bei denen man ein Ermittlerduo über mehrere Fälle begleitet. Hier erstreckt sich ein Fall über alle drei Bücher. Insgesamt fühlt sich die Geschichte für mich eher nach einem Krimi, nicht nach einem Thriller, an.