Zwischen Spannung und Vergessen

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katercarlo Avatar

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Der Tag, an dem Barbara starb von Richard Hooton ist ein ungewöhnlicher Krimi: spannend, berührend und stellenweise auch beunruhigend ehrlich. Statt bloß einen Mordfall zu erzählen, rückt Hooton die Perspektive einer Frau in den Mittelpunkt, die an Demenz erkrankt ist und immer häufiger an ihrer eigenen Wahrnehmung zweifelt. Dadurch wird das Lesen zu einem intensiven Erlebnis. Man erlebt mit, wie Erinnerungen verschwimmen, Gedanken sich verknoten und Lücken plötzlich ganze Lebensabschnitte verschlucken.
Gerade dieser Einblick in das Denken und Fühlen einer Demenzkranken macht das Buch besonders. Die Krankheit wird nicht bloß beschrieben, sondern spürbar, in kleinen Missverständnissen, in der wachsenden Unsicherheit, aber auch in Momenten von überraschender Klarheit. Das ist faszinierend und manchmal erschreckend nah.
Der eigentliche Mordfall dagegen bleibt eher Beiwerk. Die Ermittlungen ziehen sich, manches wirkt vorhersehbar oder hätte etwas straffer erzählt werden können. Doch das stört kaum, weil die Hauptfigur so lebendig und sympathisch gezeichnet ist, dass man einfach wissen will, wie es mit ihr weitergeht.
Ein paar Dialoge klingen etwas zu gewollt tiefsinnig, besonders wenn sie versuchen, große Wahrheiten über das Leben einzufangen. Trotzdem überzeugt Hootons Roman als mitreißende Mischung aus Krimi und Charakterstudie, unterhaltsam, berührend und mit einem ungewöhnlichen Blick auf das Vergessen, der lange im Gedächtnis bleibt.