Fliegen kann mehr sein als nur das

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botte05 Avatar

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Der Titel "Der Tag, an dem ich fliegen lernte" scheint sich unmittelbar zu erschließen, als Luisa gerade das Licht der Welt erblickt. Indem ich mich auf die Reise durch dieses Buch begebe, erkenne ich, dass "fliegen Lernen" so viel mehr an Bedeutungen haben kann. Ist es der Vorgang an sich? Ist es die Reise durch das Leben? Ist es das mit dem Flugzeug? Oder ist es eine Umschreibung für die Lebensreise, wenn ich mich selbst gefunden habe und mich auf meinen ureigenen Weg begebe?

Luisa plumpst in die Welt und gewinnt direkt einen Freund fürs Leben in dem Engländer Fergus. Ihr Vater Paul lebt in einer WG, so dass Luisa zwar mutterlos, jedoch wohlbehütet aufwächst, von allen geliebt und nie allein. Obwohl Luisa nichts zu fehlen scheint, gewinnt die Frage nach der eigenen Herkunft an Gewicht. Und auch wenn es nicht offen diskutiert wird, normal ist es letztlich nicht, dass eine Mutter ihr Neugeborenes sofort verlässt. So kommt der Tag, an dem Vater und Tochter ihr bisheriges Leben hinter sich lassen und sich auf Spurensuche nach Brasilien begeben, der Heimat von Aza, Luisas Mutter.

Mit diesem Buch hat Stefanie Kremser mir eine ungewöhnliche, wunderschöne, warmherzig erzählte Geschichte an die Hand gegeben, in die ich - ehe ich mich versehe - tief eintauche und die Protagonisten auf ihrer Reise gerne begleite. Meine anfänglichen Vorbehalte ob der Umstände hinsichtlich Luisas Start ins Leben weichen der entfachten Neugier sowie dem Wunsch herauszufinden, was Herkunft und eigene Identität für eine eigene Biographie bedeuten können. Dabei erhalte ich nicht nur eine Blick hinter die Biographie von Luisa und ihrer Mutter Aza, sondern auch in die ihrer Ahnen, welche 1893 die Weichen für die Zukunft neu ausgerichtet haben.

Stefanie Kremser, Der Tag, an dem ich fliegen lernte, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 304 Seiten, 19,99 €, Erscheinungstermin 14.08.2014