Meine Mutter, die unter der Milchstraße lebt

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dicketilla Avatar

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Ihre Mutter Aza muss sie für einen Vogel gehalten haben, da sie entschied sie vier Stunden nach der Geburt aus dem Fenster fallen zu lassen, um anschließend aus dem Krankenhaus zu verschwinden.
Verschwinden aus Luisas und Pauls Leben.
Zum Glück ging unter dem Fenster gerade Fergus, ein Rugbyspieler vorbei, und erlebte wohl seinen bisher schönstes Up-and-under seiner Karriere, indem er den Säugling fing.
Paul hielt seine Tochter sofort nach der Geburt in den Armen und konnte Azas Verhalten kaum ertragen.
Entgegen Luisas Großeltern entschied sich Paul, seine Tochter allein groß zu ziehen. Er der mittellose Biologiestudent, in einer WG lebend. Dort wird Luisa, Lulu genannt, von den Mitbewohnern liebevoll aufgenommen und verwöhnt. Fergus, ihr Lebensretter, wird ihr Patenonkel und wenig später zieht er auch bei ihnen ein. Paul hat alle Fotos von Aza vernichtet, aber dennoch sieht er in Lulu ihr Gesicht.
An ihrem 6. Geburtstag lernt Paul Christine und deren Hund Bruno kennen, und Lulu fühlt sich wie in Schwerelosigkeit und genießt das Zusammensein .Doch Paul kann ihre Nähe nicht weiter ertragen.

“Doch je mehr Aza in seinem Leben - diesem lauen, sanften Jetzt - verblasste, desto mehr wurde er sich ihrer Abwesenheit bewusst.” (S. 56 )

Lulu beginnt nach ihrer Mutter zu fragen.

“Meine Mutter, die Sommersprossen hat. Meine Mutter, die unter der Milchstraße lebt. Meine Mutter, die … so viele Möglichkeiten und doch nur eine Wahrheit: Meine Mutter, die mir ihre milchkaffeefarbene Haut, ihre abstehenden Ohren und ihre roten Haare vererbt hat und mich dann, als ich fix und fertig für diese Welt das Licht des Lebens erblickte, einfach rückgängig machen wollte - das ist Aza.” ( S.84 )

Als sich die WG auflöst, Paul sein Studium beendet hat, machen sie sich auf, um nach Aza im fernen Brasilien zu suchen, wo Paul eine Referendarstelle in Sao Paulo erhielt.
Doch zuerst machen sie Halt in Hinterdingen.

Die Geschichte wird in Kapiteln erzählt.
Im ersten Teil geht es um Lulus Leben nach der Geburt bis zu ihren ersten Schuljahren. Dem Leben in der WG mit Max, Fergus und der überlaunigen Irene, die selbst erst ihren Lebensmittelpunkt finden müssen, aber eine innige Liebe zu Lulu in sich tragen.
Erzählt wird die Geschichte durch Lulus Erinnerungen.
Im zweiten Teil erzählt uns, Aza Staugassingerde Campos , wie sie sich 1993 im oberbayrischen Dorf Hinterdingen, auf die Suche nach Familienmitgliedern ihre 1890 ausgewanderten Großeltern macht. Eine schwarze Frau, die Aufsehen erregt, aber den Eindruck macht, als wäre sie schon einmal dort gewesen.
Lulu und Paul hinter viele Wahrheiten der Bewohner blicken, die Azas Familiengeschichte beinhalten.
Schließlich der letzte Teil, indem Vater und Tochter in San Paulo eintreffen und versuchen ein normales Leben, in diesem fremden Land zu leben, bis sie durch die Ankunft von Fergus an ihr eigentliches Ziel erinnert werden, der Suche nach Aza.

Eine außergewöhnliche Geschichte, die dramatisch beginnt, und am Ende viel über Menschen weiß zu berichten, die einst einen Traum hatten, den Traum von einem neuen Leben, jedoch deren Auswanderung skurrile Folgen und die Familienlegenden lange aufleben lässt.
Die Geschichten in der WG, mit ihren sehr unterschiedlichen Charaktere, jahrelangen Verbundenheit, selbst als jeder seine Wege geht, die Liebe zu Lulu, waren die besonderen Momente für mich in diesem Buch. Zwar war das Ende etwas unerwartet, aber der Geschichte folgend, dennoch nach vollziehbar.
Schon das Cover, was auf mich sehr ansprechend wirkte, hält den Anspruch auf eine schöne, mit wunderbaren Worten gefüllte Geschichte.