Der Thron der Welt - Ein faszinierender Reisebericht

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mrs-lucky Avatar

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Robert Lyndon hat es mit seinem historischen Roman „Der Thron der Welt“ geschafft, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln, und das will bei 955 Seiten schon etwas heißen.

Der Franke Vallon, der Grieche Hero und der Falkner Wayland nehmen den Leser mit auf eine spektakuläre Reise von den britischen Inseln über Island und Grönland nach Norwegen, Russland und letztendlich nach Anatolien. Sie wollen 4 Gerfalken zu dem dortigen Sultan bringen, um einen normannischen Grafen aus der Gefangenschaft zu befreien. Auf dieser Reise bekommt der Leser Einblicke in die Lebensumstände zur Zeit des 11.Jahrhunderts in den verschiedenen Gegenden, die die Reisegruppe besucht. Der Autor schildert sehr lebendig die Landschaft, die Lebensweisen, sowie politische und kulturelle Unterschiede.

Geschildert wird die Reise wechselnd aus Sicht der drei Hauptpersonen, von denen man somit das intensivste Bild bekommt, ihre Begleitungen wechseln und bleiben zumeist auch eher Randpersonen. Dabei werden die unterschiedlichen Charaktere der Personen sehr lebendig und bildhaft vermittelt. Trotz der Länge des Romans bleibt er von Anfang bis Ende spannend. Ich habe mich zwischendurch gefragt, ob es realistisch ist, dass die Gruppe immer wieder auf so viele widrige Umstände und gefährliche Situationen trifft. Andererseits ist es auch eine weite und lange Reise, die zur damaligen Zeit ungewöhnlich war und durch viele nur wenig bekannte und von fremden Volksstämmen besiedelte Gebiete führte. Abgesehen davon wäre eine gradlinige Geschichte ohne Zwischenfälle es nicht wert erzählt zu werden. In ruhigeren Momenten lernt der Leser einiges über das Leben der Menschen zur damaligen Zeit, über Jagdtechniken, Falknerei, Bootsbau und ähnliches. Die Beschreibungen sind so bildhaft und lebendig, dass sie die Geschichte aufwerten, ohne langatmig zu sein. Es wird auch auf Kampftechniken eingegangen, und der Roman kommt nicht ohne grausame Szenen aus, allerdings gibt es keine großen, blutigen Schlachten, auf die ich persönlich bei diesem Genre auch gut verzichten kann.

Einer Stelle hat mich sehr irritiert: Obwohl die Geschichte im 11. Jahrhundert spielt, berichtet der Einsiedlermönch von der Gründung des Klosters auf Lindisfarne im 12. Jahrhundert. Wie soll das gehen? Das Kloster wurde tatsächlich auch bereits im 7. Jahrhundert gegründet. Bei dem ansonsten gut recherchiert wirkenden Roman würde ich mal auf einen Druck- oder Übersetzungsfehler tippen, und der Lektor hat auch gepennt.

Geärgert habe ich mich über den deutschen Titel, der eindeutig an die Werke von Ken Follett anspielt und vom Verlag vermutlich gewählt wurde, um auf dessen Erfolgswelle mitzuschwimmen. Das hat dieser Roman in meinen Augen absolut nicht nötig. Den Originaltitel „Hawk Quest“ empfinde ich als wesentlich passender.

Wer historische Romane mag, dem kann ich dieses Werk sehr empfehlen.