Schauergeschichte

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Nach über 600 Seiten Turton stehe ich etwas bedröppelt da. Was war das, was ich gelesen hatte? Ein Kriminalroman, wie es auf dem Cover steht? Turton macht sich dieselben Gedanken wie ich. Er lässt uns die Wahl und lässt uns wählen: Ein traditioneller Krimi, metaphysischer Science-Fiction Roman, moderner Fantasy-Roman oder einfach eine Schauergeschichte.

Ich plädiere für einen historischen Kriminalroman. Angang des 17. Jahrhunderts waren die Holländer mit ihrer Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) die Herrscher über die ganze Region Indonesiens. Batavia, das heutige Jakarta, war das Hauptquartier der Holländer auf Java. Die Batavia, im Buch Saardam genannt war auch ein sogenannter Ostindienfahrer, der vor Australien sank, wobei die allermeisten Menschen gerettet wurden. Es folgten jedoch Morde an den Überlebenden und ein Machtkampf um die kostbare Fracht. Stuart Turton war von dieser Historie dermaßen beeindruckt, dass er im niederländischen Schifffahrts- und Rijksmuseum für die Geschichte der Seefahrt in Amsterdam tagelang recherchierte und zwei Jahre in den Roman investierte.

1634: Ein Schiff auf dem Weg von Batavia/Indonesien nach Amsterdam. Eine Fahrt, die zehn Monate dauern sollte. Vor dem Auslaufen macht ein Aussätziger im Hafen schrecklichste Prophezeiungen und ein genialer Detektiv, vom Generalgouverneure Jan Haan in Ketten gelegt ist an Bord. Samuel Pipps und sein Freund und Assistent Arent Hayes stehen vor dem Fall ihres Lebens, denn der Teufel ist mit an Bord. Aberglaube, Hexenjagd und Machtgier.

Es wird Seemannsgarn gesponnen und feine Fäden vom Dämon Alter Tom zu allen Verdächtigen. Der schlaue Pipps hat immer für einen guten Rat parat: „Man müsse nach Dingen Ausschau halten, die nicht das sind, aber da sein sollten, oder nach Dingen, die da sind, aber es nicht sein sollten.“

Penibel schildert Turton die Atmosphäre auf dem engen, stinkenden, lärmigen Schiff bis zum Orlop, dem untersten Schiffsdeck - schön gezeichnet auf Seite 610/611: Schwitzende, ungewaschene Matrosen, Musketiere, einfache Passagiere und Honoratioren – schön aufgelistet auf Seite 9.

Dem Leser wird am Ende eine Überraschung geliefert und Turton sei Dank, kein romantisch kitschiges rührseliges Ende. Turton hat keine Sympathie für Fortsetzungen, deshalb ist keine zu erwarten.

Der Tod und das dunkle Meer, überwiegend ein Kammerspiel; für eine Aufführung eignet es sich wahrscheinlich ideal auf einer Seebühne.

Überflüssig bis störend, eine Eigenart des Klett&Cotta ist der EAN Code am Cover.