Der x-te Psychothriller

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Mit dem Erfolg Sebastian Fitzeks Erstling „Die Therapie“ schossen deutsche Psychothriller-Epigonen wie Pilze aus dem Boden, die sich ebenfalls an dieser Spielart des Thrillers versuchten. Arno Strobel versucht sich nun nach der Kategorie Kirchenmysterythriller (Castello Christo, Magus) auch am Psychothriller und schaffte es hierbei nicht, mich so richtig zu überzeugen.

Nach einem nächtlichen Überfall fällt Sybille Aurich ins Koma. Als sie wiedererwacht, muss sie feststellen, dass sie in einer merkwürdigen Einrichtung gefangen gehalten wird. Ihr gelingt die Flucht aus der Station und als sie sich auf der Suche nach ihrer Familie quer durch Regensburg begibt, muss sie feststellen, dass die ganze Welt die Erinnerung an Sybille Aurich gelöscht haben muss. Ihr Mann erkennt sie nicht mir, ihr Bild auf dem Hochzeitsfoto ist vertauscht und am schlimmsten wiegt der Verlust ihres Sohnes Lukas. Jeder behauptet, dass Sybille niemals ein Kind besaß und sie muss feststellen, dass sie in ein Geflecht aus Lügen und falscher Tatsachen geraten ist …

Auf den ersten Seiten gibt Arno Strobel schon mal ordentlich Gas und hetzt seine Protagonistin von Station zu Station. Niemandem kann sie trauen und der Leser ist anfangs ebenso überfordert wie Sybille: Wem kann man trauen, wer spielt nur ein falsches Spiel? Geschickt schafft es Strobel, das Netz an Undurchsichtigkeiten zu weben und einige Figuren sehr nebulös erscheinen zu lassen. Irgendwann war für mich aber dann auch mal gut mit falschen Identitäten und Spuren, die sich als Holzweg entpuppten. Jede Figur scheint doppeltes Spiel zu treiben und auch der Stil, indem das Vexierspiel dargebracht wird, ist für mein Empfinden nicht sonderlich ansprechen bzw. anspruchsvoll. Strobel operiert nur mit Umgangssprache und sein Erzählton unterscheidet sich gar nicht von dem anderen Thrillerautoren und ist somit auch kein Alleinstellungsmerkmal. Davon abgesehen lässt sich „Der Trakt“ schnell herunterlesen, die Kapitel sind kurz gehalten und insgesamt gäbe es bis hierhin von mir keine großen Punktabzüge, was sich mit der Auflösung der Erzählung aber ändert.

Ich fand die Geschichte mit ihrer Auflösung aber zu abstrus und zu irrwitzig, als dass ich sie vorbehaltlos akzeptiert hätte. Die Auflösung des ganzen Rätsels mutet mir zu bizarr und wissenschaftlich zu unfundiert an,  sodass ich das Buch mit einem sehr skeptischen „Na ja …“ zur Seite legte. Zwar bin ich nur wissenschaftlicher Laie und meine biologisch-neuronalen Kenntnisse reichen nicht über Grundkursniveau hinaus, doch Strobels These mutet schon ein wenig abenteuerlich an. Mir war die Geschichte deshalb nicht ganz koscher; wer sich davon aber nicht stören lässt, wird mit einem schnellen, gut lesbaren Psychothriller aus deutscher Feder bedacht.

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)