Verwirrung auf höchstem Niveau

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dunkelbunt Avatar

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Sibylle Aurich hat Glück im Unglück. Nachdem sie im Park überfallen worden ist und 2 Monate lang im Koma lag erwacht sie ohne bleibende Schäden. Doch was wie ein Wunder beginnt endet schnell im absoluten Alptraum, denn der behandelnde Arzt teilt ihr mit, dass ihr über alles geliebter Sohn Lukas nicht existiert. Es hat ihn nie gegeben und sie hat sich sein ganzen Leben in jedem Detail eingebildet.

Sibylle durchlebt den schlimmsten Alptraum jeder Mutter: Ihr Kind ist spurlos verschwunden und obendrein behaupten alle Menschen in ihrem Umfeld, dass es dieses Kind auch nie gegeben hat. Sibylle versteht die Welt nicht mehr und ist sich sofort sicher, dass ihr Arzt lügen muss. Sie überwältigt ihn und flüchtet aus dem vermeintlichen Krankenhaus.

Die Suche nach ihrem Sohn führt Sibylle zuerst zu ihrem Mann. Doch auch dort kann sie kein Licht ins Dunkel bringen denn ihr Mann erkennt Sibylle nicht, verhält sich geraduzu so als hätte er sie noch nie gesehen. Die einzige Person, die Sibylle von Anfang an glaubt ist eine völlige fremde Frau, die ihr nach der Flucht aus dem Krankenhaus aus der Patsche hilft und auch im weiteren Verlauf der Geschichte eine Rolle spielt.

Als dann noch ein Mann auftaucht, der Sibylle von seiner Schwester erzählt, die verzweifelt nach einem Kind sucht, welches sie nie hatte, ist die Verwirrung komplett.

In "Der Trakt" ist Verwirrung wirklich das Wort schlechthin. Arno Strobel gelingt es mit Leichtigkeit, mich auf so einige falsche Spuren zu lenken. Bis zum Schluß wusste ich nicht so recht, was jetzt wahr ist und was nicht. Ich war teilweise wirklich überzeugt von dem ein oder anderen und wurde mit mehreren Wendungen wirklich überrascht.
Mit einer gewissen Thriller-Routine lernt man bestimmte Wendungen vorherzusehen aber Strobel hat wirklich ein Talent dafür, den Leser auf's Glatteis zu führen und genau das ist es was ich an einem guten Thriller so liebe.

Die Auflösung des ganzen Dramas für Sibylle fand ich einen kurzen Moment etwas haarsträubend, auf der anderen Seite jedoch total überzeugend dargestellt. Es hätte mit Sicherheit Verläufe der Geschichte gegeben, die weniger "mutig" gewesen wären. Arno Strobel wählte aber ein Ende, welches zum Nachdenken anregt und er verpackt es so glaubhaft, dass ich mich dennoch wunderbar darauf einlassen konnte.

Für mich gab es keinen Zeitpunkt beim Lesen, an dem ich nicht gegrübelt habe und unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Die permanente Spannung wird noch verstärkt indem immer mal wieder ein Kapitel eingestreut wird, das aus der Sicht eines Mannes geschrieben ist, der Sibylle verfolgen muss und sie durchgehend beobachtet. Man fühl sich ein Bisschen wie wenn man einen Horrorfilm sieht und weiß, dass der Mörder im Dachgeschoss ist und dann die Hauptperson die Treppe hinaufsteigt. Man will schreien "NEIN, mach das nicht!".

"Der Trakt" hat meine Erwartungen absolut erfüllt und Arno Strobel hat es damit geschafft, dass ich nun nach und nach alle seine anderen Bücher auch lesen möchte. Mit seinem neusten Thriller "Das Rachespiel" habe ich schon begonnen und dazu lest ihr hier bald mehr.

Sehr sehr gerne vergebe ich 5 Sterne an "Der Trakt" und rate euch dringend, euch auch verwirren zu lassen.