Faszinierende Geschichtsstunde

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fireblade Avatar

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Das war mein erstes Buch von Peter Prange, und auch wenn meinem Empfinden nach der gesamte Roman nicht ganz halten konnte, was der Anfang versprach, so hat mich das Buch - mit kleinen Abstrichen - doch sehr gut unterhalten und manchmal richtig mitgerissen.
Peter Prange hat einen angenehmen, flüssigen und sehr plastischen Stil, ich hatte sowohl die Figuren als auch die Schauplätze immer sehr schnell deutlich vor Augen.
Die beiden Hauptfiguren Rahel und Tino könnten fast nicht unterschiedlicher sein: Rahel ist die Tochter jüdischer Arbeiter, deren Vater aus dem Nichts eine Schneiderei aufgebaut hat; sie ist modern und forsch und träumt davon, Journalistin zu werden, wird aber immer wieder durch den herrschenden Sexismus auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen. Tino hingegen stammt aus reichem Elternhaus, in dem der Antisemitismus zur Grundeinstellung gehört; er ist ein Lebemann mit allen Privilegien und glaubt an das Kino als Medium der Zukunft, für das er mit ganzem Herzen brennt.
Peter Prange zeichnet ein eindrückliches Bild der gesellschaftliche Lage, des Spagats zwischen Ausschweifung und Not, der politische Instabilität und des Zündstoffs, der darin enthalten ist, einer Zeit, in der einerseits die Ufa aus der Taufe gehoben, andererseits die NSDAP von einer unbedeutenden bayrischen Kuriosität zu einer immer einflussreicheren Kraft wird.
Abstriche muss ich persönlich machen, da ich fast alle Figuren stellenweise überzeichnet und teilweise unglaubwürdig fand und mir insbesondere Rahel, Tinos Mutter sowie sein Bruder und Major Grau manchmal gehörig auf die Nerven gegangen sind.
Nichtsdestotrotz habe ich das Buch sehr gern gelesen und ich freue mich auf den zweiten Teil.
Ganz zum Schluss muss ich noch ein wenig klugsch***en: In München bzw. dem bairischen Sprachraum gibt es keine ganze oder halbe Maß. Es gibt entweder eine Halbe (= 0,5l) oder eine Maß (= 1l, gesprochen wie Fass, nur mit M).