Großes Kino

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fornika Avatar

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Tino hätte als Bankierssohn eigentlich ausgesorgt haben können, doch ihm hat es das Kino angetan. Er will Filme machen, Hollywood nach Deutschland bringen, und so steckt er all sein Herzblut in die Ufa. An seiner Seite Erich Pommer, der seine großen Visionen auf die Leinwand werfen will. Auch Rahel hat Visionen, sie möchte als Journalistin groß rauskommen. Doch im Leben kommt es doch immer anders als man plant und so warten sehr turbulente Zeiten auf die drei.
Peter Prange lässt den Leser im ersten von zwei Bänden die Anfänge des deutschen Kinos miterleben. Es macht großen Spaß zu lesen wie hier Filme produziert werden, die sich zum Kult entwickelten, bekannte Schauspieler in ihren Anfängen zu sehen oder auch Premieren mit all ihren Pleiten und Pannen mitzuerleben. Auch Pommer bei der Arbeit zu beobachten war wirklich interessant. Das Lebensgefühl der 20er Jahre wird sehr greifbar und authentisch dargestellt. Viele genießen eine neue Freiheit, gleichzeitig wird aber auch die Bedrohung durch Inflation und die Unzufriedenheit über die Niederlage im ersten Weltkrieg spürbar. Die Mischung glaubhaft darzustellen, ohne allzu sehr nach Geschichtslehrbuch zu klingen, das alle wichtigen historischen Ereignisse abhakt, war sicherlich nicht ganz leicht, aber dem Autor ist es hervorragend gelungen. Auch die Figuren sind bis ins kleinste Detail durchdacht, sodass selbst kleine Nebenrollen doch auch ihren Charme haben. Tino gefiel mir von den beiden Hauptfiguren deutlich besser. Er ist sicherlich nicht ohne Fehler und Schwächen (ganz im Gegenteil), aber er arbeitet trotz allem an sich und macht im Roman eine Reifung durch. Rahel ist nicht unsympathisch, aber trotzdem ging sie mir mit ihrer Naivität, ihrem Dickkopf und ihrer Art über Leichen zu gehen bald auf den Keks. Sie steht sich mit ihrer Sturheit oft selbst im Weg, und es fällt mir schwer diese Eigenschaft bei einer Erwachsenen durchgehen zu lassen. Natürlich sind die beiden in Kombination spannend zu beobachten, trotzdem zögert Rahel das Geschehen oft heraus, was das Fortkommen der Handlung behindert. Insgesamt habe ich mich aber doch sehr gerne in die Roaring Twenties entführen lassen, der Roman lässt zwar einige Fragen für den zweiten Band offen, findet aber trotzdem ein für den Leser gelungenes vorläufiges Ende.