Großes Kino im wilden Berlin der Zwanziger

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kainundabel Avatar

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Der Erste Weltkrieg nähert sich seinem Ende. Konstantin „Tino“ Reichenbach gefällt sich als Lebemann und Frauenschwarm besser denn als Bankierssohn mit Karrierechancen. Dafür bietet ihm das umtriebige Berlin die ideale Bühne. Schicksalhaft ist seine Begegnung mit Rahel Rosenberg, Traumberuf „Journalistin“, auf elterlichen Wunsch aber als Krankenschwester tätig und wie Tino auf der Suche nach Freiheit und Selbstverwirklichung.
Rahel und Tino stehen denn auch im Mittelpunkt des neuen Romans von Peter Prange. Ihm gelingt es erzählerisch ausgezeichnet, die beiden Protagonisten einerseits mit zahlreichen fiktiven Charakteren, anderseits aber auch real-historischen Personen zu verzahnen. Der Autor entwirft das Panorama einer Zeit des Aufbruchs, einer flirrenden Atmosphäre der Freiheit und Freizügigkeit der legendären Goldenen Zwanziger.
Tino landet als Finanzdirektor bei der neu gegründeten Universum Film AG, kurz Ufa, Rahel in der Reklameabteilung des Kaufhauses Wertheim. Geblieben sind ihre Lebensträume, denen auch der offene Antisemitismus, die grassierende Inflation und persönliche Tiefschläge nichts anhaben können. Während in München eine verkrachte Existenz in Gestalt des untalentierten Postkartenmalers mit der kitschigen Stirnlocke samt seiner braunen Konsorten einen Putsch initiiert, überschlagen sich in der Hauptstadt die Ereignisse. An ihnen lässt Prange seine Leserinnen und Leser intensiv teilhaben. Ein ständiges Auf und Ab, eine Achterbahn durch Gefühlswelten und Historie. 800 Seiten stark, dicht erzählt, wird ein Tempo entwickelt, das durch erfreulich kurze Kapitel mit zahlreichen „Cliffhangern“ die Leserschaft vor sich hertreibt. Zugegeben, es fällt schwer, den Roman zwischenzeitlich aus der Hand zu legen. Jetzt heißt es, sich etwas in Geduld zu üben: Teil 2 ist für Herbst 2022 angekündigt. Schon jetzt Vorfreude pur!