Kandinskys blaues Fahrrad

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
owenmeany Avatar

Von

Ein Kriminalfall vor dem Hintergrund des sich anbahnenden Konflikts zwischen Deutschland und Frankreich, der schließlich in den Ersten Weltkrieg mündet, zweigleisig verfolgt abwechselnd im Abstand von zwanzig Jahren von Vater und Sohn, der diesen als Spionageauftrag wieder aufnimmt: diese äußerst rätselhaften Vorgänge halten die Leser in Atem.

Die Schauplätze München, Paris und Sankt Petersburg, die beiden Handlungssträngen gemein sind, beschreibt die Autorin so plastisch, dass man anhand eines Stadtplans die Wege nachverfolgen kann und beinahe eine optischen Eindruck vergegenwärtigt. Dabei hat jedoch das Ambiente während des Kriegs selbstverständlich einen völlig anderen Charakter als der gleiche Ort zwanzig Jahre davor.

Seeburg spielt auf höchst vergnügliche Art mit den Parallelen: das Café Flore, überraschende Bekanntschaften, aber auch mit dem Kontrast zwischen den Luxushotels und einer primitiven Absteige.

In einer surrealen Szenerie schließt sich endlich der Kreis, nach einem eher gemächlichen Beginn spitzt sich die Angelegenheit zu. Dass sich dabei ständig Zufälle ereignen, geht etwas zu Lasten der Glaubwürdigkeit, ist aber insgesamt einfallsreich ausgedacht und klärt sich gegen Ende teilweise auf.

Verblüffend spielt die Autorin mit falschen Identitäten und unterschiedlichen Wahrnehmungen der Realität, wobei sie die spannende Kriminalgeschichte in überwältigend farbige Kulissen stellt, die sie sicherlich auf sorgfältige Recherchen gründet.

Nach einem langen, nervenaufreibenden "Wandeln in trüben Grauzonen" lichtet sich allmählich der Nebel, und am Schluss staune ich über die kühne Konstruktion und die verwegene Logik dieses historischen Krimis.