Der Trick

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„Der Trick“ ist der Debütroman von Emanuel Bergmann. Vom religiösen Heilbringer zum Unterhalter, der Autor lässt die Zeit der Magier und Zauberer auf ungewöhnliche und humorvolle Weise aufleben.

Prag, zu Beginn des 20.Jahrhunderts, der Rabbiner und Schriftgelehrte Laibl Goldenhirsch wünscht sich einen Sohn. Seine Frau Rifka wird lange Zeit nicht schwanger. Laible muss zur kaiserlich-königlichen Armee. Kurz nachdem er als Kriegsversehrter nach Hause zurückkehrt, geschieht ein Wunder. Rifka ist tatsächlich schwanger und bekommt einen Sohn. Zu Beginn des 21.Jahrhunderts, das Leben des 10jährigen Max Cohn ändert sich abrupt. Seine Eltern wollen sich scheiden lassen. Hat Max durch einen Fluch seinen Vater aus dem Haus getrieben? Max will die Trennung nicht hinnehmen. Eine alte Schallplatte mit den Zaubertricks des großen Zabbatini wird zum Rettungsanker.

Handlungswechsel entführen den Leser in verschiedene Zeiten. Das Eintauchen in die Vergangenheit erfolgt mit der Familie Goldenhirsch. Anfangs sind die Eltern die Hauptfiguren, später der Sohn. Die zweite Geschichte entführt in die Moderne zu Max und seiner Familie. Anfangs nimmt Max die Trennung der Eltern offenbar gelassen. Tief in seinem Inneren rumort es heftig. Wut und Kurzschlussreaktion lassen nicht lange auf sich warten. Sowohl die Handlung um Mosche Goldenhirsch, als auch Max‘ Abenteuer berührt, jedoch jede Geschichte auf andere Weise. Erst nach und nach lässt sich erahnen, wer Mosche als Erwachsener ist. Laufen die Fäden eine zeitlang weit auseinander, finden sie doch auf wundersame und herzerweichende Seite zusammen. Das Thema „Glaube“ wird in diesem Roman facettenreich aufgegriffen. Eines haben die beiden Hauptcharaktere gemeinsam. Sie sind beide Jude. Zabbatini hat die Judenverfolgung miterlebt, blieb aber vom Schrecken lange auf wundersame Weise verschont. Der Roman erweist sich als Kunstwerk. Zwischen den Zeilen ist der Schalk des Autors herauszulesen. Verbohrte Nazis bekommen genauso Seitenhiebe ab wie leichtgläubige Erwachsene. Aus brenzligen Situationen manövriert sich Zabbatini mit viel Gespür und Glück. Mit den Jahren lernt er seine Fähigkeiten der Manipulation geschickt einzusetzen und zu perfektionieren. Als alter Mann verleiht er der Geschichte mit seinem besonderen Akzent, seiner Sturheit und Frechheit einen hohen Unterhaltungswert. Eigentlich erscheint er eher ruppig, aber seinen Macken und Eigenarten machen ihn sympathisch. Ein Junge und ein alter Mann, die Kombination bekommt hier eine neue Variante. Zabbatini ist egoistisch und trickst Max aus. Der Junge muss sich behaupten und will unbedingt sein Ziel erreichen, die Trennung seiner Eltern rückgängig machen und seine Familie retten. Kann und wird ihm ein alter, nicht sehr begabter Zauberer dabei helfen?

Die Bedeutung, der Kern des Romans, wird erst zum Schluss deutlich. Verborgen sind die Puzzlestücke bis sich alles zusammenfügt. Ein ernstes Thema erhält Gewicht. Die Intensität nimmt zu. Nicht nur Moschos Rolle als Scheherazade bewegt. Ein Schicksal tritt aus dem Hintergrund und lässt eine Lawine der Gefühle losrollen. Die Wendung war nicht vorhersehbar. Erschütternd, bewegend, die Atmosphäre ist eine ganz andere. Hut ab vor dem Autor, der eine erschreckende Wahrheit mit einer glaubwürdigen Fiktion vermischt. Für das Ende des Romans hätte es einen zweiten (vielleicht noch schöneren) Weg gegeben.

Auf dem Cover scheint es, als wären die bunten Phantasiegestalten in eine andere Zeit gerutscht. Der Titel fasst den Inhalt gut zusammen, wirkt aber eher harmlos. Dieses Buch werden viele unterschätzen, weil nichts auf die Geschichte vorbereiten kann. Der Roman bleibt im Gedächtnis. Es fällt schwer, damit abzuschließen. Eines der Bücher, die sich auch zum mehrmaligen Lesen eignen.