Die Wahrheit der Lügen

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regenprinz Avatar

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"Der Trick" ist ein hinreißender Roman und Emanuel Bergmann ein großartiger Erzähler. Dieses Buch hat mich derart begeistert, dass ich nach dem Lesen der letzten Seite sogar Lust verspürte, gleich noch einmal von vorne zu beginnen. Und das passiert mir wahrlich selten. :)

Die Geschichte verzaubert durch ihre magische Atmosphäre, obwohl sie meist mit einem Augenzwinkern präsentiert wird. Der ehemals "Große Zabbatini" ist inzwischen ein knurriger Alter und nicht unbedingt ein Sympathieträger - da man als Leser jedoch seine Vergangenheit kennt, nimmt man ihm vieles nicht krumm. Max Cohn, der kleine Junge, der seine in Scheidung lebenden Eltern wieder zusammenbringen will, bemüht sich pfiffig und hartnäckig darum, den Zauberer für seine Zwecke einzuspannen. Die beiden haben zusammen ein paar herrlich skurrile, geradezu absurd anmutende Szenen im Buch, über die ich mich köstlich amüsiert habe. Aber Max ist ohnehin ein besonderes Kind, glaubte er doch bis zu seinem 6.Geburtstag, dass die Welt vor seiner Ankunft schwarz-weiß war und die Farbe erst mit ihm in die Welt gekommen ist ... :)
Überhaupt besticht dieser Roman durch die Phantasie seines Autors. Inhaltlich nimmt die Geschichte einige Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Es tauchen Figuren aus der Historie auf, die mir ein verblüfftes Kopfschütteln beschert haben. Aber ja, sie fügen sich ein in das funkelnde Mosaik dieses Romans. War ich zu Beginn nur höchst angetan von der geschliffenen Sprache, dem feinen Witz, der Tiefsinnigkeit einzelner Sätze, so wuchs im Verlauf der Handlung immer mehr meine Begeisterung für den Facettenreichtum der ganzen Geschichte. Scheinbar mühelos wechselt Bergmann zwischen den Episoden der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her, lässt den Leser teilhaben an Liebe, Hoffnung und Glück, aber auch Angst und Bedrohung. Die Geschehnisse der düsteren Kriegsjahre in Prag und Berlin schildert er dabei genauso lebendig und überzeugend wie die Gegenwartshandlung in Los Angeles um Max' streitende Eltern. Auch manche der zunächst eher unwichtig erscheinenden Nebenfiguren bekommen später tiefere Bedeutung, z.B. ist mir Myriams Unterhaltung mit Zabbatini am Pizzeriatisch eindrücklich in Erinnerung geblieben, um nur ein Beispiel zu nennen. Alle kleinen eingestreuten Rätsel vom Anfang lösen sich später auf, perfekt verknüpfte Fäden werden sichtbar, sämtliche Äußerungen und Bezeichnungen im Nachhinein mit endgültiger Klarheit verständlich.
Diese wundervoll erzählte Geschichte um Mosche Goldenhirschs Leben und seine Begegnung mit Max Cohn hatte für mich somit wirklich etwas Magisches. Bergmanns Humor ist einzigartig - klug, treffend, manchmal leise, manchmal lauter. Selbst die wenigen Stellen, an denen mir angesichts der geschilderten Ereignisse das Lachen kurzzeitig im Hals steckenblieb, änderten an diesem Gesamteindruck nichts. Was das klangvolle "Daruh Khaneh Kojast" wirklich bedeutet, werde ich jedenfalls nie vergessen. :)
Mein Applaus für Mosche und Max und noch mehr Applaus für den Autor, der diese Figuren und ihre Geschichte erschaffen hat. Ich habe lange kein Buch gelesen, das mich derart fasziniert und begeistert hat. Absolut zauberhaft!!