Rezension zu "Der Trick"

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Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wird Mosche Goldenhirsch in Prag geboren und wächst als Sohn des Rabbis Laibl Goldenhirsch auf. Jahre später, nachdem er eine Zirkusvorstellung besucht und von der wunderschönen Prinzessin Ariana, Assistentin eines geheimnisvollen Zauberers, in ihren Bann gezogen wird, läuft Mosche von Zuhause weg und schließt sich dem Zirkus an. Fortan will er nicht nur seine Vergangenheit, sondern auch seine Religion hinter sich lassen, denn für einen Juden ist es eine gefährliche Zeit.

2007, Los Angeles: Der elfjährige Max erfährt, dass seine Eltern sich scheiden lassen wollen. Das muss er mit allen Mitteln verhindern, und sei Zauberei vonnöten. Als er beim Aufräumen eine alte Schallplatte eines einst berühmten Zauberers, des Großen Zabbatini findet, reift eine Idee in ihm heran: Er muss den Zauberer finden, denn sicher könnte dieser seine Eltern wieder zusammenbringen!

Abwechselnd erzählt der Autor Emanuel Bergmann die Geschichten von Mosche und Max. Jeder der beiden Erzählstränge schlägt seinen ganz eigenen Ton an. Während Mosches Geschichte einen gelungenen Mix aus bissigem Humor, nachdenklichen Momenten, Komik und Trauer bietet, landet man bei Max mitten in der Gefühlswelt eines vorpubertierenden Jungen, der einerseits ganz Kind ist und dem verständlichen und doch naiven Wunsch nach einer Versöhnung seiner Eltern nachhängt und andererseits in manchen Momenten schon einen coolen Teenager abgeben möchte. Beide Zeitebenen haben mir gleichermaßen gut gefallen und waren unterhaltsam und spannend zu lesen.

“Am meisten bereute er, ein Leben ohne Reue geführt zu haben. Er hatte sich immer nur um sich selbst gekümmert, nie um andere. Und jetzt war da niemand. Er war allein.” S. 223

Was ich nicht erwartet hatte, waren die ernsten Themen im Roman, denn auch vor diesen schreckt der Autor nicht zurück. Mosches Erwachsenenalter fällt mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs zusammen und zu dieser Zeit hält Mosche sich in Deutschland auf. Er versucht, seine Fassade als Nicht-Jude zu wahren, doch es gibt Menschen, die seine wahre Identität kennen. Mehr als einmal kommt der den Nazis gefährlich nahe. Auch Max´Familie ist jüdisch und seine eigene Großmutter ist Überlebende eines Konzentrationslagers – wobei Max, wenn diese Zeit mal thematisiert wird, eher an Fragen wie: “Gab es dort auch Eistee?” interessiert ist. An diesen kleinen Details erkennt man, dass dem Autor trotz der schweren Themen gelingt, seinen Fokus nicht nur darauf zu richten.

“Nichts liebten alte Menschen so sehr, wie über die Vergangenheit zu reden, das wusste Max. Sie lebten in der Vergangenheit, denn ihre knapp bemessene Zukunft beinhaltete nur noch Rollatoren, Bettpfannen und Zipperlein.” S. 147

Als Leser darf man das typische Erwachsenwerden eines Jungen ebenso wie das “Alt sein” eines verlebten Mannes mit all seinen Tücken miterleben, das wahre Zirkusleben kennenlernen und die feinen Nuancen zwischen Magie und Täuschung spüren. Immer wieder wird man von urkomischen und manchmal von schwarzem Humor gespickten Momenten überrascht. Große Gefühle kommen zum Ende des Romans auf und obwohl einige Wendungen ein bisschen zu viel gerade passende Zufälle beinhalten und dadurch ein wenig unglaubwürdig anmuten, wird man hier endgültig von den Ereignissen bewegt und mitgerissen.

“Die Menschen sind begierig darauf, getäuscht zu werden. Sie wollen an etwas Größeres glauben. Wir aber geben ihnen etwas Kleineres, nur deshalb kommen sie zurück. Die Magie ist eine wunderschöne Lüge.” S. 158

Fazit: Ein empfehlenswertes Debüt, das große Gefühle, Humor, Tragik und Tiefgang vereint. Großartig erzählt!