Determinanten und die veränderte Wahrheit

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pusteblume11 Avatar

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Exkommissar Van Veeteren wird 75, was ihm gewisse Schwierigkeiten bereitet. Zu allem Überfluss taucht noch sein ehemaliger Kollege Münster bei ihm auf und berichtet, dass ein alter Fall wieder aufgerollt wird. Vor über 20 Jahren haben Münster und Van Veeteren fälschlicherweise angenommen, dass sie den richtigen Mörder ermittelt hätten. Aber ein Leichenfund macht ihre damaligen Ermittlungen zunichte. So macht sich Van Veeteren zusammen mit seiner Frau Ulrike daran, herauszufinden, was damals wirklich geschehen ist, als die vier Mitglieder des Vereins für Linkshänder in einem Feuer umgekommenen sind und ein weiteres Mitglied, der vermeintliche Mörder, verschwunden ist

Die Handlung beginnt 1957 mit der Gründung des Vereins der Linkshänder und wird von da an auf drei Zeitebenen weitererzählt. Trotz der verschiedenen Zeitebenen und einer relativ großen Anzahl an Charakteren kommt man nie durcheinander, da Nesser alles sehr strukturiert erzählt.

Wenn man Nessers andere Bücher und Krimis kennt, weiß man, dass man bei ihm nicht eine nervenaufreibende, blutrünstige oder actiongeladene Handlung erwarten kann. Aber das heißt nicht, dass seine Geschichten nicht trotzdem spannend sind. Es ist eine andere Art von Spannung, die auf der detaillierten Ermittlungsarbeit, der Lösung eines komplexen Falls und einem feinfühligen, intensiven Einblick in die Psyche der Charaktere basiert.

Ich habe zwar relativ früh geahnt, wer der Mörder sein könnte, aber da die ganze Geschichte an sich schon so interessant, komplex und spannend ist, hat das mein Lesevergnügen nicht betrübt. Zudem habe ich gespannt darauf gewartet, wie Nesser seine zwei berühmten Kommissare zusammenführen wird. Van Veeteren lebt in einem fiktiven europäischen Land und während die Barbarotti-Reihe in Schweden angesiedelt ist. Ich war neugierig, wie er sie zusammenbringt, ohne das fiktive Land zu erwähnen. Wahrscheinlich wird das Lesern, die nicht extra darauf achten gar nicht auffallen.

Der hier vorliegende Van Veeteren ist von der Seitenzahl viel umfangreicher als die bisher erschienenen Bände, aber die über 600 Seiten sind schnell gelesen, was an Nessers klaren, ruhigen Schreibstil liegt mit Sprachbildern und Metaphern an passenden Stellen. Sehr gefallen haben mir die Gespräche zwischen Van Veeteren und seiner Frau, bei denen ich oft Grinsen musste. Sehr schön abgestimmter Humor!

Etwas, was Nesser wirklich grandios kann, ist die Charakterzeichnung. Man bekommt einen sehr guten Einblick in das Innenleben der Figuren. Ihre Handlungen, Gedankengänge, Gefühle, Entscheidungen...alles glaubwürdig, nachvollziehbar und menschlich dargestellt.

Ein komplexer Krimi mit sorgfältig gezeichneten Charakteren!