„Wer seinem inneren Kompass folgt, kommt auch mit geschlossenen Augen ans Ziel“

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elke seifried Avatar

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Mit diesem Zitat beginnt die Autorin ihren Roman, der vielleicht nicht nur bei der namenlosen jungen Frau, sondern auch beim Leser ein Dominosteinchen ins Fallen bringt. >>Eine positive Veränderung hat die nächste angestoßen – so wie beim Domino, wenn ein Steinchen das nächste umwirft […] »Es war quasi eine positive Kettenreaktion.«

Erfolg im Beruf, zwei gesunde Kinder, ein schickes Auto und ein schönes Haus mit großem Garten, ist genau das wovon sie eigentlich immer geträumt hat und was sie nun hat. Glücklich sollte sie sich schätzen, warum tut sie es aber nicht? Genau dieser Frage geht man als Leser mit der namenlosen Frau nach.

Man lernt die junge Frau in einer Situation kennen, in der sie gestresst, müde und ausgelaugt einfach nicht mehr kann, deshalb ihre Kinder der Babysitterin übergibt und Hals über Kopf aus der Wohnung läuft. Ein unbewusster Magnet zieht sie an den Ort, an dem sie als Kind so oft Zuflucht gesucht hat. „Meine Lichtung. Die alte knorrige Eiche, in deren dicken Stamm ich einst mühsam meine Initialen geritzt hatte, breitete ihre mächtigen Äste aus, als wolle sie mich willkommen heißen.“. Einfach die Seele baumeln lassen, auf der Parkbank ausruhen war ihr Wunsch. Ein Wohlfühlort ist die Lichtung auch für eine alte Frau mit weißem Haar, die sich unbemerkt neben sie setzt und schließlich meint, »Ein schönes Fleckchen Erde, nicht wahr?<<, und wenig später auch schon feststellt, >>Sie sind auf der Suche«, was den Zustand der jungen Frau gut trifft. Noch genauer könnte man es noch mit folgendem Gefühl, das die alte Dame preisgibt, beschreiben. »Es gab mal eine Zeit, da fühlte ich mich wie ein Blatt im Wind. Es war, als trudelte ich haltlos durch die Luft, ohne zu wissen, wie ich die Kontrolle wiedererlangen konnte.«, »Dabei«, fuhr sie fort, »war von außen betrachtet alles gut: Ich hatte zwei kleine Kinder, einen lieben Mann, einen interessanten Beruf.«, »Aber in meinem Innersten sah es anders aus. Ich war so müde, so leer. Alles war anstrengend – selbst die schönen Dinge. Ich wusste nicht, was ich ändern sollte. Und das machte mir Angst.<< Die Neugier der jungen Frau ist damit geschürt und so lässt sie sich auf den Versuch ein, mit den vier Fragen des Lebens, die der alten Dame angeblich geholfen haben, auch ihr Leben wieder in glücklichere Bahnen zu lenken. Los geht es mit der ersten, die ich hier genauso wenig wie mehr über den Inhalt verrate, »Die erste Frage des Lebens lautet[…]<<, »Wie bitte? Und dafür dieses lange Vorgeplänkel?«, dachte ich enttäuscht. »Jetzt verrate ich Ihnen noch, wie Sie diese Frage anwenden müssen«….


Als Leser darf man hier nicht nur miterleben, wie sich die Einstellungen, das Leben und damit auch der Zufriedenheitsgrad der jungen Frau positiv verändern, sondern kann zudem ganz viel über sein eigenes Leben reflektieren. »Was meinen Sie?«, fuhr sie fort, »wovon sollten wir uns leiten lassen, wenn wir eine Entscheidung treffen? Von unserem Kopf oder unseren Gefühlen?«, ist ein Gedankenspiel, das man mit der alten Dame und der Protagonistin durchführen darf. Man kann über Äußerungen zum Konsumverhalten, wie »Ich weiß nur, dass der Kick heute viel schneller vorbei ist, so, als würde die Halbwertzeit immer kürzer werden.«, oder zum Hecheln nach Geld und finanziellem Wohlstand, „Aber ich bin der Ansicht, dass es nicht Luxus ist, der uns glücklich macht, sondern das Gefühl von sozialer Sicherheit. Ist eine gute finanzielle Basis vorhanden, wiegen Werte wie Liebe, Gesundheit und Selbstbestimmtheit viel mehr.“, nachdenken. Gut gefallen hat mir auch die in einer Art Pingpong Spiel erstellte >›Wie-kann-ich-die-Welt-jeden-Tag-ein-kleines-bisschen-besser-machen-Liste‹<, die noch lange nicht fertig ist, eine tolle Anregung, die auch deutlich macht, dass es oft Kleinigkeiten sein können, die vieles besser machen. Noch lange im Hinterkopf habe ich sicher auch die Beschreibungen der alten Dame zum inneren Kompass und zum inneren Antreiber, die ich so treffend fand und die ich mir sicher in Zukunft immer wieder einmal bewusst vor Augen führen werde.

Der warmherzige, gefühlvolle Schreibstil der Autorin liest sich locker und flüssig. So sind die wenigen Seiten leider fast schon zu schnell verfolgen. Sie bedient sich vieler Bilder und Vergleiche, welche mir ausgezeichnet gefallen haben. Spannung verleiht sie der Geschichte dadurch, dass die alte Dame die vier Fragen nur nach und nach preisgibt. Man muss sich mit der jungen Protagonisten also gedulden, bis man alle Tipps bekommt. Ist die alte Dame eine innere Stimme, ist sie real? Das kann ein jeder Leser ganz nach eigenem Gusto entscheiden, auch das finde ich gekonnt inszeniert.

Lobend erwähnen muss ich auch noch die Illustrationen, die mich fast schon ein bisschen darüber traurig machen, dass ich zur ebook Version gegriffen habe, obwohl man sie auch dort bekommt. Äußerst ansprechende Vignetten, hier mal eine Blätterranke, dort mal ein Kompass, dazwischen auch eine Parkbank, das lockert den Text toll auf.

Alles in allem ein äußerst lesenswerter Roman, der wie eine Art Fabel auch als Ratgeber für ein zufriedeneres und glücklicheres Leben dienen kann. Fünf Sterne gibt es da von mir gerne.