Als Thriller gut

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Rezension zu: Der Wald

Inhalt:
Im Jahre 2023 werden etliche Päckchen mit unbekanntem Saatgut verschickt. Trotz ihrer Ungewöhnlichkeit pflanzen die Empfänger sie ein, was sie schon bald bereuen da aus den Samen eine invasive und hochgefährliche Pflanze wächst welche bald die gesamte Menschheit bedroht.
Der Förster und Biologe Marcus Holland welcher ein solches Szenario vorhergesehen hat und die Botanikerin Waverly Park stoßen bei ihrer Suche nach dem Ursprung der Päckchen und einer Möglichkeit die Pflanze zu bekämpfen auf mehrere unglaubliche Dinge.

Bewertung:
Die Prämisse von „Der Wald“ wirkt so als hätten Kenneth Oppels „Bloom“ und Frank Schätzings „Der Schwarm“ ein Kind gezeugt. Was relativ früh auffällt ist die Aufteilung des Buches in drei Plots, die zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten spielen. In den besten Momenten erhöht diese Aufteilung die Spannung da man sich fragt wie es zu einem bestimmten Ereignis kommen wird oder wie diese drei Plots zusammenhängen, zudem sind sie angenehm übersichtlich und konfrontieren einen nicht mit einer unüberschaubaren Anzahl von Figuren, jedoch bin ich der Ansicht, dass das vorhandene Potential hier nicht zur Gänze ausgeschöpft wurde. Ich hätte mir gewünscht, dass die Plots sich noch stärker beeinflussen und eine der spannendsten Frage verlor für mich im Laufe des Buches seinen Reiz aufgrund dessen, dass die Antwort durch jede Information die der Leser erhält entschärft wird. Zudem verlieren auch manche, ehrlich geschrieben zuviele, Ereignisse an Spannung oder Reiz da man alles was diese Eigenschaften bedingt bereits vorher erfährt oder sich leicht erschließen kann. Dennoch profitiert „Der Wald“ mehr von dieser Aufteilung als das es ihm schadet. Ähnliches lässt sich auch über die Figuren sagen. Natürlich sind sie bei einen Thriller, mit drei Haupt – und einigen Nebenfiguren nicht gerade bodenlos tiefgründig aber das erwarte ich bei dieser Art von Büchern auch gar nicht. Jede Figur hat eine klare Rolle und die erfüllt sie auch beinahe ausnahmslos zur vollen Zufriedenheit. Lediglich die Figur Edgar Mortensen - seineszeichens Biologe und Nobelpreisträger aus dem Jahre 2012 im Bereich Psychologie oder Medizin sowie zeitweiliger Antagonist – habe ich als misslungen betrachtet. Mortensen entspricht einem Archetypen den ich in Büchern nicht mehr sehen kann: Der Widerling. Bei diesen Archetypen ist der Name Programm da das einzige was ihn ausmacht ist, dass er Charaktereigenschaften aufweist die ihn im Rahmen der Geschichte meistens aber auch allgemein zu einem Widerling machen. Der Widerling ist zumeist ein Antagonist der als Hindernis für den Protagonisten bei seinen Bestreben die echte Bedrohung zu bekämpfen fungiert. In diesem spezifischen Fall diskreditiert Mortensen, Marcus Holland als „Pflanzenflüsterer“ und mithin auch seine Aussagen über „Assasina Incognita“ wie die Pflanze genannt wird. Neben ihrer Rolle als Antagonisten haben solche Figuren meistens noch den Zweck vom Leser verachtet zu werden, was neben ihrer Vielzahl an negativen Charakterzügen auch durch einen Mangel an positiven Eigenschaften erreicht wird. Ich persönlich empfinde solche Figuren als plump und nervig. Abseits von Mortensen werden auch einige andere Figuren meiner Ansicht nach nicht ausreichend ergründet, vor allem von Otto, Marcus Hollands Sohn, hätte ich gern mehr gesehen und erfahren. Das Buch übergeht einige sehr interessante Szenen mit ihm einfach und besonders emotional wird er sehr blass dargestellt. Ich habe dies als Verschwendung empfunden. Des weiteren haben sich einige Figuren an manchen Stellen ausgesprochen irrational verhalten und manchmal kommt es vor, dass man erst im Nachhinein erfährt was eine Figur gedacht hat was diese ein wenig vom Leser entfremdet aber alles in allem sind die Charaktere - zumindest in den Genregrenzen – ebenfalls ein Punkt denn man guten Gewissens als positiv verbuchen kann.

Ein weiterer Punkt welcher bei Thrillern solcher Art häufig Präsenz zeigt ist das Vorhandensein zahlreicher Themenbereiche, die mal mehr mal weniger tiefgründig ergründet
werden. In „Der Wald“ handelt es sich um die Themenbereiche künstliche Intelligenz und natürlich Pflanzen. Die Informationen über Pflanzen – natürlich mit einem großen Fokus auf „Assasina Icognita“ - sind durchaus interessant und werden gut in die Handlung eingebunden. Ob der Satz auf der Rückseite „Nahezu alles unglaubliche an dieser Geschichte ist wahr.“ auch wirklich stimmt kann ich mangels Fachwissen nicht beurteilen. Bezüglich Künstlicher Intelligenz deckt sich alles mit dem was ich in anderen Büchern gelesen habe, im Bezug auf die Pflanzen kann ich wirklich keine Beurteilung abgeben. Zwei Sachen gibt es jedoch die mich in diesem Punkt stören. Zum einen: Das Buch zeigt nicht nur durch Datumsangaben, dass es im Jahr 2023 spielt sondern auch durch Zeitbezüge, was ich auch grundsätzlich positiv finde und auch meistens gut umgesetzt wurde, beispielsweise werden häufig Parallelen zu der Corona Pandemie gezogen. Manche dieser Zeitbezüge wirken jedoch erzwungen. Zum Zweiten gibt es in diesem Buch eine Nachfolgeorganisation der Illuminaten namens die Desperaten. Das Buch tut mit ihnen jedoch nur sehr wenig, hier wäre wirklich mehr möglich gewesen. Zumal hier der Punkt des menschlichen Anteils an der Apokalypse der hier tatsächlich ein innovatives Element ist gut hätte eingebunden werden können, was das Buch auch sonst meiner Ansicht nach nicht zufriedenstellend getan hat.Trotzdem kann man auch diesen Punkt allgemein als positiv verbuchen. Selbiges gilt für den Schreibstil. Es ist der übliche Thriller Schreibstil: nicht besonders literarisch aber flüssig zu lesen. In „Der Wald“ wurde dieser gut umgesetzt, auch weil er an zwei Stellen einen Ortsbezug hatte. Der Antagonist „Silva“ reiht sich in genau diese Qualität ein. Gut jedoch ohne neue Genremaßstäbe zu setzen oder an alte heranzureichen. Das einzige Problem an ihm ist, dass der Twist um seine wahre Identität sehr vorhersehbar ist. Mein größtes Problem mit den Buch besteht in seinen Versuchen tiefgründig zu sein. Es gibt eigentlich genug Ansätze für Tiefgründigkeit: Das Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze, künstliche Intelligenz, wie weit darf man gehen um den Klimawandel zu stoppen etc. All diese Themen werden von dem Buch nur angerissen und nicht wirklich ausgeführt aber mehr habe ich bei einem Thriller auch nicht erwartet.
Problematisch wird es erst dann wenn das Buch versucht tiefgründig zu werden. Wie bei solchen Büchern oder einigen anderen kommt es sehr häufig vor, dass sie ein oder zwei Szenen haben in denen sie versuchen tiefgründig zu sein oder Tiefgründigkeit anreißen, dies jedoch schnell wieder fallen lassen. So auch hier.
Es gibt ein gutes Kapitel in welchen sich Marcus Holland und eine weitere Figur mit Silva unterhalten wobei letzterer das Gespräch etwas philosophisch anhaucht, was jedoch bald unterbrochen wird. Ebenfalls exemplarisch für diesen Umgang mit Tiefgründigkeit ist, dass das Buch aufgeworfene philosophische oder ethische Fragen irgendwann durch seine Figuren beantwortet. Und zwar sehr nachdrücklich und eindeutig, nur leider ohne diese Position auch argumentativ zu untermauern. Dem Leser wird kein Platz für eigene Gedanken, Interpretationen oder Sichtweisen gegeben. Das Diskussionsgespräch ganz am Ende des Buches ist noch die beste Umsetzung des Versuches tiefgründig zu sein, kommt jedoch zu spät. Des weiteren traut sich dieses Buch wie viele andere nicht eine kontroverse Meinung zu vertreten. Es wird zwar philosophiert jedoch bleibt am Ende alles beim Alten.

Fazit:
„Der Wald“ ist zwar in gewissen Punkten ungewöhnlich folgt jedoch insgesamt der altbewährten Thriller Formel. Das ist gewiss keine Sünde zumal sie hier gut umgesetzt wird. In seinen besten Momenten ist „Der Wald“ ein überdurchschnittlicher Thriller, in seinem schlechtesten ein verpatztes tiefgründiges Buch. Insgesamt ist dieses Buch für alle zu empfehlen die einen guten Thriller suchen, solche können mit „Der Wald“ nichts falsch machen. Wer jedoch Unterhaltung mit Tiefgang sucht der ist mit anderen Büchern besser beraten. In Summe ergeben meine Kritikpunkte eine Sternebewertung von

4/5