Erst ruhig erzähltes Drama, dann rasanter und actiongeladener Thriller

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alekto Avatar

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Betty Rhyzyk, die Drogenfahnderin beim Dallas Police Department ist, ist noch krank geschrieben, weil sie sich von ihrer Verletzung am Fuß erholt. Da wird der erste Drogendealer ermordet aufgefunden. Der wurde auf offener Straße erschossen. Am Tatort wurde ein Bibelspruch hinterlassen, der Betty bekannt ist und ungute Erinnerungen an die Family Roy weckt. Ist die Family zurück, um sich ihr Territorium in Dallas zu erobern? Sinnt deren Anführerin Evangeline Roy auf Rache an Betty? Ein Machtkampf rivalisierender Kartelle liegt nahe. Auch El Cuchillo, der brutale Fixer des Sinaloa-Kartells, kann für die Morde verantwortlich sein. Doch häutet der seine Opfer lieber als dass er sie einfach nur erschießt. Und so nimmt Betty die Ermittlungen in diesem abgründigen Fall auf.

Der Weg ins Feuer ist nach der Toten mit der roten Strähne der zweite Band der Reihe um Drogenfahnderin Betty Rhyzyk. Ohne den Vorgänger gelesen zu haben, konnte ich diesem Krimi folgen. Denn die traumatischen Erlebnisse, die Betty in der Toten mit der roten Strähne zu erleiden hatte, verfolgen sie immer noch. Das nutzt Kathleen Kent als Gelegenheit die Wochen, die Betty bei der Family Roy und deren grausamen Oberhaupt Evangeline verbringen musste, zu rekapitulieren. Indem das Finale des ersten Bandes dabei detailliert am Anfang dieses Krimis wiedergegeben wird, möchte ich jedem, der beide Bücher lesen möchte, raten mit der Toten mit der roten Strähne zu beginnen.
Protagonistin Betty stammt aus einer Polizisten Familie. Nicht nur ihr Vater war Cop, sondern auch ihr großer Bruder, der zu jung verstorben ist. Betty, die eine ehrliche Polizistin ist, pflegt einen unkonventionellen Ermittlungs- und Kleidungsstil mit einer Vorliebe für extravagante Tattoos. Wegen des erlittenen Traumas hat Betty ihre Wut kaum unter Kontrolle, erleidet wiederholt Panikattacken und sieht in jeder rothaarigen Frau ihre Nemesis Evangeline Roy. Dennoch lässt die Autorin Ansätze der starken Frau aufblitzen, die Betty zuvor gewesen ist. Am meisten hat sie damit zu kämpfen, dass sie aufgrund ihrer Verletzung am Fuß nicht mehr joggen kann. So bleibt es ihr verwehrt, sich Frust, Aggression und Angst von der Seele zu laufen. Auch kann sie sich bedingt durch ihre Krankschreibung nicht mit ihrer Arbeit in der Fokussierung auf ihren Job ablenken.

Der Weg ins Feuer ist in seinem ersten Drittel von einer ruhigen Erzählweise geprägt, die dem Drama, zu dem Bettys Leben geworden ist, Raum gibt. Denn Betty droht ihre Liebe Jackie zu verlieren, die nach Monaten, in denen Betty schon in diesem Zustand ist und während derer sie sich um Betty gekümmert hat, merklich überfordert und am Ende ihrer Kräfte ist. Hinzu kommen die Konflikte mit ihrem Boss Marshall Maclin, mit dem Betty eine unangenehme Vorgeschichte verbindet und der nur auf einen Vorwand für ihre Suspendierung wartet.
Bevor die Handlung Fahrt aufnimmt, wenn die Ermittlung in den Mordfällen in die Gänge kommt, wird dieser Krimi, der da mehr Drama ist, von den starken Charakterisierungen seiner Figuren getragen. Wie Betty jeden in ihrem Umfeld vor den Kopf stößt, weil sie mit niemandem über ihre Angst vor Evangeline Roy reden kann, ist glaubwürdig von Kathleen Kent beschrieben. Weil Betty immer mehr trinkt, gerät ihr Leben weiter aus den Fugen, obwohl alle versuchen ihr zu helfen. Zudem wartet die Autorin mit einigen interessanten Nebenfiguren auf. Dazu zählen Bettys Lebensgefährtin Jackie, die nicht nur die Heilige spielen, sondern auch eine ganz andere Seite von sich zeigen darf, und die schillernde, ziemlich toughe Dusty Rose, die sich bei jedem ihrer Auftritte zum Szenendieb mausert.

Im weiteren Verlauf entwickelt sich der Weg ins Feuer zum rasanten Thriller, wenn sich die Leichen der Drogendealer stapeln und sich die Ereignisse dann etwa bei einem unheimlichen Abstieg in den Untergrund von Dallas überschlagen. Dabei zieht Kathleen Kent die Spannungsschraube immer weiter bis hin zu einem feurigen Highlight an, das auch ein starker Schlusspunkt unter diesen Thriller gewesen wäre. Dessen Auflösung hat mich zwar überrascht. Weil ich den Täter aber erst kurz vor seiner Enthüllung habe kommen sehen, hätte ich mir einen detaillierten Einblick in dessen Gedankenwelt gewünscht. Denn das hätte sein Motiv, das mir in der von der Autorin gelieferten Form ein wenig dünn gewesen ist, näher beleuchtet. Ideal wäre dafür ein Kapitel aus Tätersicht gewesen, das die bisherigen Ereignisse dieses Buchs und damit insbesondere die Morde aus seiner Perspektive geschildert hätte.
Im ersten Drittel hat mich der Weg ins Feuer als ruhig erzählter Krimi, der seine Intensität aus dem Drama in Bettys Leben zieht, überzeugt und in der zweiten Hälfte hat mir dieses Buch als temporeicher, actiongeladener Thriller gefallen. Nur haben sich diese beiden so grund verschiedenen Teile für mich nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammengefügt. Stärker wäre dieser zweite Band der Betty Rhyzyk-Reihe ausgefallen, wenn Kathleen Kent sich entweder für ein intensives Krimi-Drama oder einen rasanten Thriller entschieden hätte. Dafür hätte entweder das erste Drittel dieses Buchs weit kürzer ausfallen müssen, wenn die Autorin früher das Tempo angezogen hätte, oder aber im letzten Drittel hätte auf einige nur von Action bestimmte Szenen verzichtet werden müssen. Stattdessen hätte Betty keine Blitzheilung durchlaufen dürfen, sondern müsste immer noch von den erlittenen Traumata gezeichnet sein. Dabei hätte die Autorin dann auch auf das Drama im von seiner Sucht geprägten Leben des Täters eingehen können.